28.08.2008

Das dunkle Geheimnis der Zwerggalaxien

Amerikanische Astronomen vermuten, dass die minimale Masse für die Bildung von Sternsystemen bei etwa zehn Millionen Sonnenmassen liegt.



Amerikanische Astronomen vermuten, dass die minimale Masse für die Bildung von Sternsystemen bei etwa zehn Millionen Sonnenmassen liegt.

Unsere Milchstraße besitzt 23 bekannte Begleiter mit höchst unterschiedlichen Leuchtkräften: Sie reichen vom tausend- bis zum milliardenfachen der Leuchtkraft unserer Sonne. Da wäre es nahe liegend, dass diese Galaxien auch in ihren Massen ähnliche Unterschiede aufweisen. Doch weit gefehlt: Die Massen der lokalen Satellitengalaxien liegen alle bei etwa zehn Millionen Sonnenmassen. Das zeigen genaue Vermessungen der Bewegung der Sterne in diesen Systemen, über die ein amerikanisches Astronomenteam in der Fachzeitschrift „Nature“ berichtet. Die Forscher vermuten, dass sie damit auf die minimale Masse für die Bildung von Sternsystemen gestoßen sind.

„Die Kenntnis dieser minimalen Masse für Galaxien versetzt uns in die Lage, etwas über das Verhalten der Dunklen Materie zu lernen“, erklärt Louis Strigari vom Center for Cosmology der University of California in Irvine, einer der beteiligten Wissenschaftler. Die Dunkle Materie macht etwa 85 Prozent der Masse des Universums aus – ohne Dunkle Materie könnten Galaxien weder entstehen noch zusammenhalten. Bislang ist unklar, woraus diese Dunkle Materie besteht. Normale baryonische Materie kann es nicht sein, infrage kommen nur exotische Elementarteilchen, die nur schwach mit normaler Materie in Wechselwirkung treten.

Strigari und seine Kollegen hatten mit dem Keck-Teleskop auf Hawaii und dem Magellan-Teleskop in Chile die Eigenbewegung der Sterne in den Begleitern der Milchstraße untersucht. Je größer die Masse einer Zwerggalaxie ist, desto schneller können sich die Sterne in ihr bewegen. Die Astronomen hatten erwartet, dass die hellsten Galaxien auch die größte Masse besäßen. Doch zu ihrer Überraschung ist die Masse aller Zwerggalaxien etwa gleich groß.


Abb.: Die bekannten Begleiter der Milchstraße in einem Umkreis von 300.000 Lichtjahren. (Quelle: J. Bullock, M. Geha, and R. Powell)

Das bedeutet auch, so die Forscher, dass die am schwächsten leuchtenden Galaxien den größten Anteil an Dunkler Materie besitzen müssen. Möglicherweise könne es sogar Verdichtungen von Dunkler Materie ganz ohne Sterne geben, spekulieren Strigari und seine Kollegen. Allerdings seien solche Verdichtungen nur schwer durch direkte Beobachtungen nachzuweisen. Nach den heutigen Vorstellungen der Kosmologen bilden sich im Kosmos zuerst Verdichtungen von Dunkler Materie, in die dann das Wasserstoff-Gas einfällt, aus dem Sterne entstehen. Zehn Millionen Sonnenmassen scheint also die „Einheitsgröße“ der Bausteine der kosmischen Strukturen zu sein.

„Die Masse dieser kleinsten Halos aus Dunkler Materie hängt von den Eigenschaften der Teilchen ab, aus denen die Dunkle Materie besteht“, so Strigari und seine Kollegen. Aus der nun aufgespürten minimalen Größe der Materieansammlungen müssten sich also Rückschlüsse auf die Bestandteile der Dunklen Materie ziehen lassen. Die Forscher zeigen, dass ihre Massenbestimmung gegen warme Dunkle Materie mit Teilchenmassen von weniger als 1 keV spricht.

Allerdings betonen Strigari und seine Kollegen, dass auch andere Prozesse zu einer unteren Grenze für die Bildung von Massenverdichtungen im frühen Universum führen können, etwa die Reionisation des Wasserstoffs oder ein Rückkopplungsmechanismus durch die Supernova-Explosion der ersten entstehenden Sterne. Hierzu seien also weitere theoretische Untersuchungen notwendig.

Rainer Kayser

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