12.07.2018

Das falsche Molekül

Terahertz-Analyse widerlegt vermutlichen Nachweis von Amid im All.

Im Jahr 2014 hatten Astrophysiker in Beobachtungs­daten des Herschel-Weltraum­teleskops eine Spektral­linie entdeckt, die sie vorläufig dem Amid-Ion zuordneten. Es wäre der erste Beweis für die Existenz dieses Moleküls im Weltall gewesen. Physiker um Roland Wester vom Institut für Ionen­physik und angewandte Physik der Universität Innsbruck haben nun gezeigt, dass diese Vermutung nicht richtig war.

Abb.: In dieser Ionenfalle haben die Forscher die Amid-Ionen mit Hilfe von Terahertz-Strahlung untersucht. (Bild: U. Innsbruck)

Neben Sternen werden manche Regionen der Galaxien von gigantischen Staub- und Gas­wolken bevölkert. Das inter­stellare Medium bildet die Geburts­stätte von neuen Sternen. Diese entstehen, wenn sich die Wolken immer weiter verdichten bis es zur Fusions­reaktion kommt. Um diese Prozesse besser zu verstehen, ist es wichtig, die Zusammen­setzung des inter­stellaren Mediums genau zu kennen.

Für das Amid-Ion hat das Team um Roland Wester nun im Labor zwei bisher unbekannte Frequenzen zum ersten Mal direkt gemessen und dabei hundert­fach genauer bestimmt, als es bisher möglich war. Sie nutzten dafür die Terahertz-Spektro­skopie. „Hier kommen Wellen­längen zwischen Mikro­wellen und infra­rotem Licht zum Einsatz“, erklärt der Physiker. „Damit können die Rotations­bewegungen von sehr kleinen Molekülen untersucht werden. Bei größeren Molekülen lassen sich Schwingungen von ganzen Molekül­gruppen ermitteln.“

Die Gruppe um Roland Wester hat in den vergangenen Jahren in einem vom europäischen Forschungsrat ERC geförderten Projekt eine Methode entwickelt, mit der in Ionen­fallen gefangene Moleküle mit Terahertz­strahlen angeregt werden. „Das Amid-Ion besteht aus einem Stick­stoff-Atom und zwei Wasser­stoff-Atomen, sieht genauso aus wie Wasser und verhält sich quanten­mechanisch auch sehr ähnlich“, sagt Olga Lakhmanskaya aus dem Team von Roland Wester. „Wir haben erstmals die elementare Anregung der Rotation dieses Moleküls direkt gemessen.“ Der Nachweis gelang auch dank einer engen Zusammen­arbeit mit dem Theoretiker Viatcheslav Kokoouline von der University of Central Florida, der für ein Semester als Gast­professor an der Universität Innsbruck forschte.

Über den Vergleich mit den Messdaten des Herschel-Weltraum­teleskops konnten die Innsbrucker Physiker nun belegen, dass die bisher gemessene Spektral­linie nicht von Amid-Ionen stammen können. „Wir konnten mit unseren Messungen zeigen, dass die vorläufige Zuordnung nicht korrekt ist“, betont Roland Wester. Im Weltall findet man verschiedene Stickstoff­moleküle wie Ammoniak, für das Amid-Ion steht nach den Innsbrucker Experimenten dieser Nachweis aber weiter aus. Die von den Physikern bestimmte zweite charakteristische Spektral­linie könnte helfen, dem Amid-Ion im Weltall auf die Spur zu kommen. „Wir hoffen, dass in Zukunft mit neuen Teleskopen auch diese Linie beobachtet werden kann. Dann könnte man auch über diese Frequenz nach dem Molekül im Weltall suchen.“ Westers Team will die neue Methode nun auch auf Molekülen mit vier oder fünf Atomen anwenden, wo Schwingungen und Rotationen noch sehr viel komplexer sind als beim drei­atomigen Amid.

U. Innsbruck / DE

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