18.10.2012

Das Herzstück der Präzisionsmessung

Vor 125 Jahren nahm die Physikalisch-Technische Reichsanstalt ihre Arbeit auf. Aus diesem Anlass wurde das renovierte „Observatorium“ nun festlich eingeweiht.

Die Forschung der heutigen Physikalisch-Technischen Bundesanstalt ruht auf einem beeindruckenden Fundament, und das in ganz wörtlichem Sinne. Der Betonsockel des „Observatoriums“, das Hauptgebäude der ehemaligen Physikalisch-Technischen Reichsanstalt (PTR), ist nämlich stolze zwei Meter dick, um störende Gebäudeschwingungen zu dämpfen. Doch als die Vorgängerin der PTB, 1887 gegründet wurde, musste sie zunächst in angemieteten Laborräumlichkeiten unterkommen.

Am 17. Oktober vor 125 Jahren nahm die PTR im Hauptgebäude der heutigen TU Berlin mit der technischen Abteilung ihre Arbeit auf. Zu diesem historisch bedeutsamen Anlass veranstaltete die PTB am 17. Oktober 2012 eine Vortragsveranstaltung zur modernen Metrologie im Audimax der TU und feiert anschließend die Einweihung des aufwändig renovierten Observatoriums, des ältesten Gebäudes der PTB. Dafür reiste mit Ruprecht von Siemens ein Siemens-Urenkel mit einem Oldtimer an, in den auch der Präsident der PTB Joachim Ulrich zustieg.

Das "Observatorium" der PTB erstrahlt aufwändig renoviert im alten Glanz. (Foto: PTB)

Für Hermann von Helmholtz war das „Observatorium“ seinerzeit das Herzstück des PTR-Forschungscampus in Berlin Charlottenburg. Die wechselvolle Geschichte dieses bedeutenden Forschungsbaus, der 1891 fertiggestellt wurde, erzählen der Wissenschaftshistoriker Dieter Hoffmann und Hans Koch, der Leiter des Instituts Berlin der PTB, in ihrem Artikel im kommenden November-Heft des Physik Journals. Sie zeigen, welche große Bedeutung die ausgeklügelte Architektur für die idealen Versuchsbedingungen an der PTR hatte. Dies ermöglichte die „experimentelle Förderung der exakten Naturforschung und der Präzisionstechnik“, wie sie von Siemens vorgeschwebt hatte. Er hatte sich über ein Jahrzehnt hinweg für ein solches Staatsinstitut stark gemacht und dafür tief in die eigene Tasche gegriffen. So stiftete er das Baugelände und stellte schließlich auch noch eine ansehnliche Summe als Startkapital für das Institut zur Verfügung.

Die PTR entwickelte sich sehr schnell zum führenden physikalisch-technischen Institut in Deutschland und wurde zum Vorbild für die Gründung entsprechender metrologischer Einrichtungen in den damals führenden Industriestaaten. In der Geschichte dieser Institution mangelt es so nicht an wissenschaftlich technischen Spitzenleistungen. Ihre lichttechnischen Präzisionsmessungen führten beispielsweise nicht nur zur Einführung einer gesetzlichen Einheit für die Lichtstärke – der „Hefner-Kerze“ –, sondern zudem zur wissenschaftlichen Durchdringung der Grundlagen von Licht- und Strahlungserzeugung und gaben daran anknüpfend im Herbst 1900 Max Planck den Anstoß für seine epochemachende Quantenhypothese und die Entwicklung der Quantentheorie.

Neben der beeindruckenden Fülle erstrangiger Leistungen – wissenschaftlicher wie technisch-metrologischer Art – ergeben allein die Namen der Präsidenten und führenden Mitarbeiter der PTR ein Kaleidoskop glanzvoller Namen der jüngeren Physikgeschichte – unter ihnen mehr als ein halbes Dutzend Nobelpreisträger, z. B. Walther Nernst oder Wilhelm wien. Die Jahrzehnte um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert markieren unzweifelhaft den Höhepunkt im Wirken der PTR. Nach dem Ersten Weltkrieg musste man sich zunehmend auf die metrologische Grundlagenforschung und Prüftätigkeit konzentrieren, das Dritte Reich band PTR dann in die nationalsozialistische Aufrüstungs- und Autarkiepolitik ein.

Nach dem Zweiten Weltkrieg fand die Tätigkeit der PTR in beiden deutschen Staaten ihre Fortsetzung – als Deutsches Amt für Maß und Gewicht in Ostberlin sowie als Physikalisch Technische Bundesanstalt mit Hauptsitz in Braunschweig. Die Fokussierung auf die metrologische Grundlagenforschung und Grundaufgaben des Mess- und Prüfwesens blieb bestehen. Auch hier gelang es die großen Traditionen der Vorgängerinstitution weiter zu führen. Heute schafft das Zeitlabor der PTB mit seinen modernen Atomuhren weltweit Spitzenwerte der Zeit- und Frequenznormale. Weltspitze ist die PTB auch bei der Darstellung der elektrischen Basiseinheiten durch Quantennormale. Aber auch bei der Nutzung der Synchrotronstrahlung, etwa um hochkomplexe Abbildungssysteme für die EUV-Lithographie zu charakterisieren, oder bei der Entwicklung moderner Messverfahren für die Medizin wird an den PTB-Standorten in Braunschweig und Berlin Spitzenforschung betrieben..

PTB / Alexander Pawlak (unter Verwendung eines Textes von Dieter Hoffmann und Hans Koch)

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