23.12.2014

Das Jahr der Kometen und Asteroiden

Kleine Körper aus der Urzeit des Sonnensystems standen im Mittelpunkt der Planetenforschung des Jahres 2014.

Dieses Jahr bekam 67P / Tschurjumow-Gerasimenko als erster Komet überhaupt Besuch von einer Raumsonde: Zunächst wachte Rosetta am 20. Januar nach über drei Jahren im Ruhemodus auf. Wenige Wochen später stellten Forscher mit dem Very Large Telescope der Europäischen Südsternwarte fest, dass Tschuri zunehmend aktiver wurde. Im Mai registrierten Rosettas Instrumente sogar einen veritablen Ausbruch auf dem Zielobjekt, der erst nach fünf Wochen wieder abebbte. Mit Rosettas sinkendem Abstand zeichnete sich langsam die zweigeteilte Form des Kometen ab. Am 6. August erreichte Rosetta schließlich einen Abstand von gerade noch hundert Kilometern und begann, ihn zunächst auf Dreiecksbahnen und schließlich auf einem gravitativ gebundenen Orbit zu umkreisen.

Abb.: Diese überbelichtete Aufnahme zeigt den Kometen Tschurjumow-Gerasimenko am 10. September 2014. Aus dem Halsbereich treten erste Jets aus, die überwiegend aus Wasserdampf bestehen. Der Höhepunkt der Kometenaktivität wird im Sommer 2015 erwartet. (Bild: ESA / Rosetta / MPS for OSIRIS Team / MPS / UPD / LAM / IAA / SSO / INTA / UPM / DASP / IDA)

Die ersten vier Monate am Kometen standen ganz im Zeichen der bevorstehenden Landung: Am 12. November ging Philae als erste Raumsonde der Geschichte auf einer Kometenoberfläche nieder. Die Zahl der Landestellen auf dem überwiegend unebenen Terrain ließ sich zuvor von sechs bis auf zwei eingrenzen. Den schließlich gefundenen Landeort namens Agilkia erreichte Philae nach dem Abdocken fast punktgenau. Allerdings versagten beim Abstieg zwei Sicherheitssysteme, wodurch der Lander nach dem ersten Aufsetzen noch zweimal über den Kometenboden hüpfte. Später ausgewertete Daten der Landebeine zeigten, dass der Kometenboden deutlich härter war als zunächst angenommen. Nach rund sechzig Stunden beendete Philae seine Arbeit, weil am Landeplatz nicht genügend Sonnenenergie zur Verfügung stand. Laut dem leitenden Missionswissenschaftler Jean-Pierre Bibring könnte das aber schon Anfang des neuen Jahres geschehen. Dann hat sich Tschurjumow-Gerasimenko der Sonne so stark genähert, dass die Ausbeute der Solarzellen für eine Reaktivierung von Philae reichen könnte.

Die Muttersonde Rosetta zieht auch nach der Kometenlandung ihre Kreise: Daten des Massenspektrometers ROSINA wiesen ein vielgestaltiges Gasgemisch in der Kometenkoma fest. Dazu stellten die Forscher fest, dass zumindest Kometen wie Tschurjumow-Gerasimenko in der Jugendzeit des Planetensystems kein Wasser zur noch heißen Erde gebracht haben können. Vermutlich gehörten eher Asteroiden zu den frühen Wasserlieferanten.

Abb.: Forscher entdeckten erstmals einen Asteroid mit Ringsystem – jenseits der Saturnbahn: Chariklo besitzt vermutlich zwei Ringe. (künstlerische Darstellung; Bild: L. Maquet)

Entsprechend konzentrieren sich Planetologen schon länger auch auf Asteroiden. Lange Zeit glaubten die Forscher aber, dass sich im Asteroidengürtel zwischen Mars und Jupiter heute kaum noch Wasser finden lässt. Das hat sich aber mittlerweile geändert: Nach dem Nachweis von Wasser auf zwei kleineren Asteroiden, zeigten jetzt Aufnahmen des Infrarotteleskops Herschel auch bei Ceres deutliche Hinweise auf Wasser: Er ist das größte Objekt des Asteroidengürtels und besitzt offenbar zwei lokalisierte Wasserquellen, die vielleicht als Fontänen ins All schießen. Genauere Daten erhoffen sich die Forscher jetzt von der Raumsonde Dawn, die Ceres im April 2015 erreichen soll.

Auch die exotischeren Kleinkörper des Sonnensystems lagen dieses Jahr im Fokus: Dazu gehört der Fund eines von Ringen umgebenen Asteroiden jenseits der Saturnbahn. Zusätzlich entdeckten Planetologen ein neues Objekt fernab des Kuipergürtels, das rund 450 Kilometer groß ist. Allein seine Bahndaten werfen die Frage auf, ob dieser Teil zwischen Kuipergürtel und Oortscher Wolke nicht viel stärker von Asteroiden und Zwergplaneten bevölkert ist als bisher geglaubt.

Planeten und die vulkanische Geschichte des Mondes

Von anderen planetaren Körpern war dieses Jahr nur sporadisch zu hören: Forschern gelang es etwa, das bipolare Magnetfeld des Jupiters anhand von Laborversuchen besser zu verstehen. Auf dem Saturnmond Titan ereignete sich ein Temperatursturz, der viel kräftiger ausfiel als zuvor angenommen, wodurch sich eine exotische Wolkenart bildete. Auf dem Mars befanden Planetologen, dass das große Schluchtsystem Valles Marineris vermutlich nicht durch Wasser, sondern durch fließende Lava entstanden ist. Hinzu kommt eine Erklärung für entdeckte einfache Chlor-Methan-Verbindungen auf dem Mars. Auch der Rover Curiosity konnte solche Methanverbindungen in der Marsatmosphäre nachweisen. Der dafür nötige Kohlenstoff könnte von Meteoriten stammen.

Vor allem der Erdmond lieferte dieses Jahr mehrere überraschende Erkenntnisse, dank den NASA-Raumsonden GRAIL und Lunar Reconnaissance Orbiter: Dazu gehört der Befund, dass das größte Mare des Mondes wohl nicht bei einem Meteoriteneinschlag entstand, sondern vulkanischen Ursprungs ist. Außerdem entdeckte ein US-amerikanisch-deutsches Forscherteam Spuren vulkanischer Aktivität auf dem Mond, die in geologisch junger Vergangenheit stattfand. Andere Forscher konnten das Entstehungsalter des Mondes bei rund 4,6 Milliarden Jahre fixieren. Damals schlug vermutlich ein marsgroßer Planet auf der jungen Erde ein.

Kräfte im Erdinneren und im Strahlungsgürtel

Wie das irdische Leben vor rund 3,5 Milliarden Jahren begonnen haben könnte, beschreibt ein neues Modell zweier Duisburger Forscher. Demnach können Spalten tief in der Erdkruste ideale Brutstädten der ersten mikroskopischen Arten gewesen sein, weil hier gleich mehrere Bedingungen erfüllt seien: Es gab Wasser und vor allem Kohlenstoffdioxid, dass sich bei hohem Druck in einem überkritischen Zustand befindet. Mit seinen besonderen Eigenschaften kann solches CO2 dabei geholfen haben, erste Zellmembranen zu bilden und gleichzeitig viele chemische Reaktionen möglich zu machen.

Wie Prozesse tief im Erdinneren die Umgebung des Planeten beeinflussen, zeigten kürzlich mehrere Arbeiten: Dazu gehört die lange Zeit ungeklärte Frage, warum zuvor stabile Kontinente plötzlich auseinanderbrechen können. Geophysiker belegten mit Modellen des ostafrikanischen Grabenbruchs, wie einfach das geht: Allein die Kraft eines aus dem Erdmantel nach oben strebenden Mantelplumes reiche aus, das feste Gestein darüber langfristig zu zerbrechen. Mit einem anderen Modell untersuchten US-Physiker eine Randschicht des flüssigen äußeren Erdkerns. Zwar ist die Eisenschmelze hier extrem dicht – trotzdem führt sie eine Wellenbewegung aus, die vom Erdmagnetfeld und ebenso von der Corioliskraft beeinflusst wird. Damit sei es laut den Forscher möglich, schon vor vierzig Jahren entdeckte Schwankungen im Erdmagnetfeld nahe der Oberfläche zu erklären.

Abb.: In den hier dargestellten Strahlungsgürteln der Erde gibt es ein zusätzlich Zebramuster. (Bild: NASA)

Eine neue Entdeckung gab es auch in den irdischen Strahlungsgürteln: Sie umgeben den erdnahen Raum parallel zu den magnetischen Feldlinien. Darin werden Teilchen auf derart hohe Geschwindigkeiten beschleunigt, dass sich dies bislang nur mit einem Einfluss der Sonne erklären ließ. Forscher fanden mit den zwei Van-Allen-Sonden der NASA jetzt aber eine andere Erklärung, die direkt mit dem Erdmagnetfeld zusammenhängt: Demnach besitzen die Strahlungsgürtel intern eine wellenförmige Struktur. Zwar können allein diese sogenannten Zebrastreifen die Teilchen ebenfalls nicht sonderlich stark beschleunigen. Allerdings entsteht durch das zur Erdrotation leicht gekippte Magnetfeld ein oszillierendes elektrisches Feld, das zumindest manche der Teilchen auf hohe Geschwindigkeiten bringt.

Karl Urban

DE

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