Das Sonnensystem entstand in weniger als 200.000 Jahren
Einschlüsse in Meteoriten liefern neue Datierung.
Das Material, aus dem die Sonne und der Rest des Sonnensystems bestehen, stammt aus dem Kollaps einer großen Gas- und Staubwolke vor gut 4,5 Milliarden Jahren. Astronomische Beobachtungen junger Sterne legen nahe, dass es ein bis zwei Millionen Jahre dauert, bis eine Wolke zu einem Stern kollabiert und sich ein Planetensystem bildet. Ein internationales Forscherteam hat jetzt Hinweise darauf gefunden, dass unser Sonnensystems in weniger als 200.000 Jahren entstanden ist.
Die ersten Festkörper, die sich im Sonnensystem bildeten, finden sich noch heute als mikrometer- bis zentimetergroße kalzium- und aluminiumreiche Einschlüsse – kurz CAIs – in Meteoriten und liefern eine direkte Aufzeichnung der Entstehung des Sonnensystems. Die meisten CAIs bildeten sich vor 4,567 Milliarden Jahren über einen Zeitraum von etwa 40.000 bis 200.000 Jahren. „Da die beobachtete Zeitspanne der Bildung von Sternen von rund ein bis zwei Millionen Jahren viel länger ist, als die Zeit, in der sich die CAIs bildeten, warf dies die Frage auf, welche astronomische Phase in der Entstehung des Sonnensystems durch die Bildung der CAIs erfasst wird“, sagt Gregory Brennecka vom Lawrence Livermore National Laboratory in den USA.
Die Untersuchung des Teams zeigt, dass die überwiegende Mehrheit des Materials, aus der sich die Sonne und das Sonnensystem bildeten, schnell akkumulierte, während sich gleichzeitig die ältesten datierten Festkörper bildeten – von denen angenommen wird, dass dieser Entstehungsprozess weniger als 200.000 Jahre dauerte.
Das Forscherteam ermittelte die Molybdän-Isotopen- und Spurenelement-Zusammensetzungen verschiedener CAIs aus kohligen Chondriten. Dabei handelt es sich um sehr primitive Meteoriten, die im äußeren Sonnensystem entstanden sind und noch Material aus der Geburtsstunde des Sonnensystems enthalten. „Wir haben festgestellt, dass die unterschiedlichen Molybdän-Isotopen-Zusammensetzungen der CAIs im Wesentlichen die gesamte Bandbreite des Materials der protoplanetaren Scheibe abdecken“, erläutert Thorsten Kleine von der Uni Münster. „Mit anderen Worten: CAIs zeichnen möglicherweise die gesamte Geschichte des Kollaps von der Molekülwolke bis zur Entstehung der Sonne auf.“
Da die Wissenschaftler wissen, wann und wie lange es dauerte, bis sich die CAIs bildeten, bietet ihnen dies eine Möglichkeit, den Zeitraum für die Entstehung der Sonne zu datieren. Die Entstehung der Sonne und des Sonnensystems war daher offenbar ein relativ schneller Prozess.
WWU / RK
Weitere Infos
- Originalveröffentlichung
G. A. Brennecka et al.: Astronomical context of Solar System formation from molybdenum isotopes in meteorite inclusions. Science 370, 837 (2020); DOI: 10.1126/science.aaz8482 - Nuclear and Chemical Sciences Division, Lawrence Livermore National Laboratory, Livermore, USA
- Experimentelle und analytische Planetologie (T. Kleine), Institut für Planetologie, Westfälische Wilhelms-Universität Münster