11.06.2014

Datenspeicher der Zukunft

Hundertprozentige Spinpolarisation einer Heusler-Verbindung bei Raumtemperatur beobachtet.

Heusler-Materialien bestehen aus mehreren metallischen Elementen in einer Gitterstruktur. Sie zählen zu den Kandidaten für neue Werkstoffe, um noch kleinere Datenspeicher mit noch höheren Speicherdichten zu bauen. In den letzten Jahren waren allerdings Zweifel aufgekommen, ob Heusler-Materialien diese Erwartungen tatsächlich erfüllen. Wie Forscher aus Mainz, München und Dresden nun nachweisen konnten, verfügt die Heusler-Verbindung Co2MnSi die erforderlichen elektronischen Eigenschaften.

Abb.: Prinzip-Darstellung der Spin-aufgelösten Photoemissionsspektroskopie an dünnen Heusler-Schichten. (Bild: M. Jourdan, JGU)

Die Beobachtungen der Mainzer zusammen mit theoretischen Physikern und Chemikern der Ludwig-Maximilians-Universität München und des MPI für Chemische Physik fester Stoffe in Dresdenlegen den Grundstein für die künftige Entwicklung außerordentlich leistungsfähiger Bauteile in der Spintronik auf Grundlage von Heusler-Materialien. Anwendungen ergeben sich zum Beispiel für Festplatten-Leseköpfe oder für nichtflüchtige Speicherelemente.

Spinbasierte Elektronik, die Spintronik, gilt allgemein als Informationstechnologie der Zukunft, für deren optimale Leistungsfähigkeit allerdings neuartige Materialien erforderlich sind. Eine entscheidende Größe ist die Spinpolarisation, das heißt der Grad der parallelen Ausrichtung der am Ladungstransport beteiligten Spins. Das Wunschmaterial sollte eine möglichst hohe Spinpolarisation aufweisen.

Den Forschern ist nun der erste direkte experimentelle Nachweis einer nahezu vollständigen Spinpolarisation bei Raumtemperatur für die intermetallische Heusler-Verbindung Co2MnSi gelungen. „Es wird schon lange über diese Materialklasse geforscht und es gibt viele theoretische Hinweise auf die elektronischen Eigenschaften der Heusler-Verbindungen, aber bisher konnte kein einziges Experiment eine hundertprozentige Spinpolarisation bei Raumtemperatur bestätigen“, erklärt Martin Jourdan von der JGU. Für sehr tiefe Temperaturen von minus 269 Grad Celsius hatten sich entsprechende Hinweise schon erhärtet. Entscheidend für die spätere praktische Anwendung ist außerdem ein weiterer Befund, den die Wissenschaftler an der Verbindung Co2MnSi nachgewiesen haben, nämlich dass die hohe Spinpolarisation an der Oberfläche des Materials auftritt.

Der erfolgreiche Nachweis beruht auf einer außerordentlich präzisen Herstellung der Probe. Dazu muss die Kristallstruktur der Heusler-Verbindung eine perfekte atomare Ordnung aufweisen. Diesen besonders hohen Ordnungsgrad genau an der Oberfläche des Materials erzielen die Physiker mithilfe der Dünnschichtpräparation in einer Ultrahochvakuumkammer. Sie konnten dann die  Spinpolarisation mit Photoelektronenspektroskopie gemessen und in Zusammenarbeit mit Theoretikern der LMU und des MPI-CPfS durch eine besondere Kombination von Volumen und Oberflächeneigenschaften der Verbindung erklären.

„Dies ist nicht nur ein Durchbruch bei der Suche nach neuen Materialien für die Spintronik, sondern auch im Hinblick auf die Kooperation zwischen Theorie und Experiment“, so Jourdan. „Wir konnten zeigen, dass perfekt hergestellte Materialien auch tatsächlich die Eigenschaften besitzen, die theoretisch vorhergesagt werden.“ Heusler-Materialien bilden an der Johannes-Gutenberg-Universität einen Forschungsschwerpunkt im Rahmen der materialwissenschaftlichen Verbünde MAINZ (Exzellenz-Graduiertenschule Materials Science in Mainz) und CINEMA (Center for Innovative and Emerging Materials).

Bei der aktuellen Studie steuerten die LMU-Physikochemiker Jan Minar, Jürgen Braun und Hubert Ebert das theoretische Rüstzeug bei: „Die spektroskopischen Berechnungen wurden im Rahmen des Einstufenmodells durchgeführt“, sagt Minar. „Eine derartige Kombination aus elektronischer Strukturrechnung und theoretischer Photoemission erlaubt einen direkten Vergleich mit den entsprechenden experimentellen Daten, was wiederum wesentlich zum Verständnis der gemessenen hundertprozentigen Spinpolarisation beiträgt.“

JGU / CT

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