20.09.2018

Dauer des Photoeffekts gemessen

Elektronenemission aus einem Kristall geschieht binnen einiger Attosekunden.

Der photo­elektrische Effekt liefert die Grundlage für Solar­energie und globale Kommuni­kation. Vor über einem Jahrhundert hat ihn Albert Einstein beschrieben. Nun haben Wissen­schaftler der Tech­nischen Unive­rsität München TUM, des Max-Planck-Instituts für Quanten­optik MPQ und der Tech­nischen Univer­sität Wien erstmals die absolute Dauer gemessen von der Licht­aufnahme und dem sich dadurch lösenden Photo­elektron aus einem Festkörper.

Abb.: Ein Laserpuls trifft die Wolfram-Oberfäche, auf der Iod-Atome aufgebracht sind. Sowohl Wolfram- als auch Jod-Atome verlieren Elektronen, die dann gemessen werden. (Bild: TU Wien)

Wird ein Festkörper mit Röntgen­impulsen bestrahlt, dann lösen sich Elektronen und wandern an die Oberfläche. Doch wie lange dauert das? Dieser Frage ist das inter­nationale Forscherteam um den aus dem Land Salzburg stammenden Reinhard Kien­berger vom Lehrstuhl für Laser- und Röntgen­physik an der TUM nachge­gangen. Denn bisher konnten nur Richtung und Energie der Elektronen bestimmt werden. Der Weg der Elektronen etwa durch einen Kristall konnte aufgrund seiner winzigen Dimen­sionen und der extrem kurzen Dauer des Prozesses bis dato nicht beobachtet werden. Das Team hat jedoch eine neue Mess­methode entwickelt, die es nun erlaubt, die Zeit zwischen der Absorption eines Röntgen-Photons und der Emission eines Elektrons zu bestimmen.

Für diese Experi­mente hefteten die Physiker einzelne Jod-Atome auf einen Wolfram­kristall und bestrahlten ihn mit Röntgen­blitzen, die den Photo­effekt starteten. Da die Jod-Atome extrem schnell auf einfal­lendes Röntgen­licht reagieren, dienen sie als Licht- und Elektronen-Stoppuhren. Um die Präzision der Messung zu erhöhen, wurden diese Stopp­uhren dann in einem weiteren Experiment mithilfe einer erst kürzlich entwickelten absoluten Referenz geeicht. „Dies ermöglicht, das Austreten der Photo­elektronen aus einem Kristall mit einer Genauigkeit von wenigen Atto­sekunden zu stoppen“, sagt Reinhard Kien­berger. Die Messung zeigt, dass Photo­elektronen aus dem Wolfram­kristall in rund vierzig Atto­sekunden erzeugt werden können – etwa doppelt so schnell wie erwartet. Das liegt daran, dass mit Licht bestimmter Farben haupt­sächlich die Atome in der obersten Schicht des Wolfram­kristalls wechsel­wirkten.

Ein weiterer interess­anter Effekt konnte mit dem Experiment beobachtet werden: Noch schneller werden Elektronen aus Atomen auf der Ober­fläche eines Kristalls gelöst. Nach der Bestrahlung mit Röntgen­licht gaben sie ohne messbare Verzö­gerung direkt Elektronen frei. Dies könnte fürs Herstellen von besonders schnellen Photo­kathoden für eine Anwendung in Freie-Elektronen-Laser interessant sein, urteilen die Wissen­schaftler, da sie nun wissen, wie sie die Photon-Elektron-Umwandlung beschleunigen oder mani­pulieren können. Mit der neuen Methode kann außerdem das Verhalten von kompli­zierten Molekülen auf Oberflächen untersucht werden – ein vielver­sprechender Ansatz etwa um neuartige Solar­zellen zu entwickeln. Denn mit dem Wissen über die bislang unbe­kannten photo­chemischen Prozesse können technische Anwen­dungen viel besser optimiert werden.

TUM / JOL

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