03.07.2012

Daumenkino ultraschneller Elektronen

Attosekundenpulse in schneller Folge bringen sich verändernde Streumuster zum Vorschein.

Röntgenstrahlen dienen seit langem der Untersuchung von komplexen Molekülen auf atomarer Ebene. Bisher sind die erzeugten Abbildungen jedoch immer statisch: Es handelt sich um Bilder, die eine räumliche Auflösung haben, aber keinen zeitlichen Ablauf darstellen. Freie-Elektronen-Laser, eine neue Generation von Röntgenquellen mit extrem kurzen Lichtpulsen mit bisher nie dagewesener Intensität, versprechen eine baldige Lösung dieses Problems und eröffnen damit völlig neue Möglichkeiten, Materie in Bewegung abzubilden.

Abb.: Regt ein Laserpuls (grün) eine kohärente Überlagerung mit gleicher Besetzung der 3d- und 4f-Eigenzustände bei atomarem Wasserstoff an, kann ein ultrakurzer Röntgenpuls (blau) die Bewegung des Elektrons anhand von Streumustern nachzeichnen. (Dixit et al. / PNAS)

Ein Ziel des neu entstehenden Forschungsbereichs der zeitauflösenden Bildgebung (time resolved imaging, TRI) ist die Sichtbarmachung von Elektronenbewegungen in Atomen, von komplexen Molekülen oder von vielatomigen Systemen, beispielsweise bei der Bildung und dem Aufbrechen von Bindungen. Was aber passiert bei der Wechselwirkung eines ultrakurzen Röntgenpulses mit bewegten Elektronen, wie lässt sie sich beschreiben? Wie wird das Streubild eines dynamischen Systems interpretiert?

Um diese Frage zu beantworten, hat eine Gruppe Theoretiker am Center for Free-Electron Laser Science (CFEL) bei DESY die Wechselwirkung von Licht und dynamischer Materie simuliert. Die entstandenen Beugungsmuster weichen erheblich von den bisher bekannten Interpretationen statischer Streumuster ab und enthalten direkte Informationen über die Elektronenbewegung .

Für die Simulation der Röntgenbeugung in einem dynamischen Elektronensystem nutzten die Forscher zwei Modelle, die das Licht beschreiben. Die Quantenelektrodynamik beschreibt die Bewegungen von Elektronen hervorragend, während das klassische Wellen-Modell irrtümlich vorhersagt, das Beugungsmuster stehe zu der augenblicklichen Position der Elektronen in Beziehung.

Bei Experimenten mit zeitaufgelöster Bildgebung löst ein sehr kurzer Laserpuls von Attosekunden Länge eine Elektronenbewegung in einem atomaren, molekularen oder vielatomigen System aus. Diese Bewegung lässt sich als elektronisches Wellenpaket beschreiben, das ultrakurze Röntgenpulse in verschiedenen Zeitintervallen untersuchen. Die dabei entstehenden Streumuster verändern sich während der Elektronenbewegung. Bei Simulationen auf Basis des QED-Modells des Lichts entstanden Streumuster von atomarem Wasserstoff, die die reale Quantenbewegung des Elektrons abbilden. Dieser Ansatz zur Interpretation von zeitaufgelösten Streubildern sind ein Fortschritt für das Feld der zeitaufgelösten Bildgebungsverfahren und eine gute Vorbereitung darauf, dass die Erzeugung dieser ultrakurzen Röntgenpulse bald auch technisch machbar ist, um die von der Theorie vorhergesagten Streumuster zu erhalten.

DESY / OD

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