07.08.2009

Dem Wasser in Flugzeugen auf der Spur

Forscher messen mit Neutronen Feuchtigkeit in Isolierung


Forscher messen mit Neutronen Feuchtigkeit in Isolierung

Wenn es beim Landeanflug von der Decke der Flugzeugkabine tropft, dann ist das nur eine von vielen unangenehmen Folgen von zu viel Feuchtigkeit in der Isolierung des Flugzeugrumpfes. Physiker der Technischen Universität München (TUM) und Ingenieure der Technischen Universität Hamburg-Harburg (TUHH) haben nun einen Ausschnitt einer Flugzeugwand während eines simulierten Transatlantikfluges mit Neutronen untersucht. An der Forschungs-Neutronenquelle Heinz Maier-Leibnitz (FRM II) der TUM wollten sie herausfinden, wo und wie sich die Feuchtigkeit in der Flugzeugisolierung niederschlägt, um dies zukünftig zu verhindern.

Abb.: Graphische Darstellung der mit Neutronen gemessenen Feuchtigkeitsverteilung in einem Querschnitt der Flugzeugisolierung nach 2, 4 und 8 Stunden Flug (Rot bedeutet viel Wasser, Blau steht für trocken - Das Wasser sammelt sich nahe der Außenwand (unten)) (Bild: Andreas Joost, TU Hamburg-Harburg)

Trockene Luft in Flugzeugen ist für viele Passagiere sehr unangenehm. Für die Sicherheit ist sie jedoch geradezu unabdingbar. Denn feuchte Luft dringt durch die Kabine in die Isolierung des Flugzeugbauches und schlägt sich an der kalten Außenwand als Wasser oder Eis nieder. "Die mehreren hundert Kilo Wasser, die sich aus der Atemluft der Fluggäste dort ansammeln, entsprechen dem Gewicht von mehreren Passagieren", erklärt Dr. Burkhard Schillinger, der die Flugzeugisolierung am FRM II mit Neutronen untersucht hat. Das Wasser gefriert oder schwappt während des Fluges unkontrolliert im Bauch hin und her, was negativen Einfluss auf die Flugstabilität haben kann. "Und das zusätzliche Gewicht schleppt das Flugzeug jedes Mal unnötig mit sich herum", sagt Schillinger.

Auch die Isolierung leidet unter der Feuchtigkeit: Sie isoliert schlechter, und es kann sich Schimmel bilden. Schlimmstenfalls können sogar in der Elektrik, die sich in der Flugzeugwand befindet, Kurzschlüsse entstehen. "Derzeit muss bei Flugzeugen die Isolierung alle ein bis zwei Jahre ausgetauscht werden", sagt Andreas Joos, Diplom-Ingenieur am Institut für Thermofluiddynamik der TU Hamburg-Harburg. Seit 20 Jahren kennt man das Problem der Feuchtigkeit in der Flugzeugisolierung und seit über 10 Jahren wird dazu an der TU Hamburg-Harburg geforscht. Anfangs tropfte gar bei Landeanflügen das getaute Wasser auf die Passagiere. Inzwischen gibt es spezielle Isoliermaterialien und ein ausgeklügeltes Wasserleitsystem im Rumpf von Flugzeugen. Nach der Landung wird ein großer Teil des getauten Wassers abgepumpt. "Doch das klappt nicht an allen Ecken und Kanten des Flugzeugs", erklärt Burkhard Schillinger. Viel Wasser verbleibt im Bauch des Flugzeugs.

An der TUHH sucht man deshalb gemeinsam mit der TUM nach Lösungen, wie man das Wasser im Flugzeugbauch besser ableiten kann. "Dafür ist es wichtig zu wissen, wie genau sich das Wasser niederschlägt, ob es den Umweg über flüssig nimmt oder gleich gefriert. Und wir wollten wissen, wo es sich ansammelt: In der Isolierung oder an der Außenwand?", sagt Joos.

Um dem Wasser im Flugzeug auf die Spur zu kommen, hat die TUHH gemeinsam mit einem Industriepartner die Isolierung mit Neutronen am Instrument ANTARES (Advanced Neutron Tomography and Radiography Experimental System) der Forschungs-Neutronenquelle in Garching untersucht. Ein Versuchstand der TUHH simuliert eine Flugzeugwand, über die feuchte Luft geleitet wird, die der Atemluft der Passagiere gleicht. "Wir können dort alle Temperatur- und Feuchtigkeitsverhältnisse eines Transatlantikfluges nachahmen", erklärt Burkhard Schillinger.

Die Neutronen des FRM II der TU München zeigen genau, wo sich während der Steigphase, des Fluges, des Sinkfluges und der Bodenphase Wasser oder Eis befinden. "Wir haben zunächst konventionelle Messtechniken, zum Beispiel aus der Bauphysik angedacht, diese liefern allerdings eine zu schlechte Auflösung. Da sehen wir mit Neutronen sehr viel mehr", sagt Joos. Die Neutronen aus dem Reaktor treffen auf die verschiedenen Materialien in der Flugzeugwand. Vom Wasser werden sie am meisten abgebremst. So entstehen am Instrument ANTARES mit Hilfe einer Spezialkamera eine Art Röntgenbilder, welche mit hoher räumlicher Auflösung die Wasserverteilung in der Isolierung abbilden.

Erste Ergebnisse zeigen, dass die Wasserverteilung gut messbar ist. Die Isolierung nimmt vor allem in der Startphase viel Feuchtigkeit auf. "Für uns ist es wichtig, den zeitlichen Verlauf der Feuchtigkeitszunahme zu sehen", sagt Joos. So können die Wissenschaftler herausfinden, ob die Feuchtigkeit sich schneller auflöst, wenn das Flugzeug beispielsweise eine halbe Stunde länger am Boden bleibt.

Als nächstes wollen die Hamburger Forscher neue Modelle bauen und diese an der Forschungs-Neutronenquelle in Garching untersuchen. Eine Flugzeugwand mit einem Fenster beispielsweise und eine mit einer Stützstrebe. Denn das Wasser schlägt sich an verschiedenen Konstruktionen unterschiedlich nieder. Auch neue Isolierungsmaterialien sollen getestet werden.

Technische Universität München

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