01.07.2009

Der Klang des Lichts in der Bildgebung

Mit einer Kombination aus Licht und Ultraschall können Forscher fluoreszierende Proteine mehrere Zentimeter tief in lebendem Gewebe sichtbar machen.



Mit einer Kombination aus Licht und Ultraschall können Forscher des Helmholtz Zentrums München und der Technischen Universität München in Zusammenarbeit mit Kollegen der Harvard Medical School, dem Massachusetts General Hospital und dem Howard Hughes Medical Institute fluoreszierende Proteine mehrere Zentimeter tief in lebendem Gewebe sichtbar machen.

Dass Gewebe lichtdurchlässig ist, weiß jedes Kind – denn wer hat sich nicht einmal im Dunkeln mit der Taschenlampe in den Mund geleuchtet und sich das Glimmen der Wangen angeschaut. Seit der Erfindung des Mikroskops nutzen Wissenschaftler Licht, um in Dünnschnitten von Gewebe festzustellen, ob es krankhaft verändert ist oder um die Funktionen von Zellen zu untersuchen. Die Grenze für solche Untersuchungen liegt allerdings bei einem halben bis einem Millimeter Gewebedicke – in dickeren Schichten wird das heraustretende Licht so diffus, dass sich keine Details mehr erkennen lassen.

Wissenschaftler um Vasilis Ntziachristos, Direktor des Instituts für biologische und medizinische Bildgebung des Helmholtz Zentrum München - Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt und Professor für biologische Bildgebung an der Technischen Universität München, haben nun dreidimensionale Bilder eines sechs Millimeter dicken, erwachsenen Zebrafischs erzeugt.



Abb.: Mit Licht und Ultraschall kann die rot fluoreszierende Wirbelsäule im Inneren eines lebenden Fischs sichtbar gemacht werden: Die "multi-spektrale opto-akustische Tomographie" (MSOT) erlaubt die Untersuchung subzellulärer Vorgänge am lebenden Organismus. (Bild: Helmholtz Zentrum München, TU München)


Dazu machen sie Licht hörbar: Sie bestrahlen den Fisch von verschiedenen Seiten mit Laserblitzen, die im Inneren des Fischkörpers auf Fluoreszenzfarbstoffe treffen – die Farbmoleküle wurden dem Fisch gentechnisch angezüchtet. Wenn die Fluoreszenzfarbstoffe unter den Laserbitzen aufleuchten, erwärmt sich ihre Umgebung, die sich ein wenig ausdehnt. Weil dies extrem schnell geschieht, entsteht eine Druckwelle. Ein kurzer Laserimpuls erzeugt so eine Art Ultraschall-Echo, das die Forscher mit einem Ultraschall-Mikrophon einfangen. Das Schallwellenmuster, das durch Schuppen, Muskeln, Rippen, Gräten und Einweide des Fischs in unterschiedlicher Weise verzerrt wird, rechnet man dann in ein dreidimensionales Bild um.

Das Ergebnis der „Multi-spektralen opto-akustischen Tomographie“, kurz MSOT, ist ein Bild mit einer beachtlichen Auflösung von 40 Mikrometern. Der für die Untersuchung betäubte Fisch erholt sich nach der Prozedur wieder vollständig.

Daniel Razansky, Laborleiter am Institut für Biologische Bildgebung, ist begeistert: „Das eröffnet der Forschung eine neue Dimension: Erstmals können Biologen die Entwicklung von Organen, Zellfunktionen und Aktivitäten von Genen durch mehrere Millimeter Gewebe hindurch verfolgen.“

Bislang war es nötig, Tiere in verschiedenen Entwicklungsstadien zu töten und Gewebe-Dünnschnitte miteinander zu vergleichen, um Entwicklungen von Organen oder das Fortschreiten von Krankheiten verfolgen zu können. Die riesige Vielfalt bereits erhältlicher Fluorochromfarbstoffe – unter ihnen das 2008 mit dem Nobelpreis ausgezeichnete Green Fluorescent Protein und zahlreiche, für den klinischen Gebrauch zugelassene Farbstoffe – wird die Untersuchung biologischer Prozesse in einer Vielzahl lebender Organismen möglich machen. Auch die pharmazeutische Forschung könnte so deutlich beschleunigt werden, wenn die molekularen Effekte neuer Krebswirkstoffe über längere Zeit in einem Tier verfolgt würden.

Helmholtz Zentrum München

Weitere Infos:
  • Originalveröffentlichung:
    Daniel Razansky, Martin Distel, Claudio Vinegoni, Rui Ma, Norbert Perrimon, Reinhard W. Köster, Vasilis Ntziachristos: Multispectral opto-acoustic tomography of deep-seated fluorescent proteins in vivo. Nature Photonics 3, 412-417 (2009), Onlinepublikation am 21. Juni 2009
    http://dx.doi.org/10.1038/nphoton.2009.98
  • Helmholtz Zentrum München
    http://www.helmholtz-muenchen.de

KP

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