08.04.2016

Der neunte Planet nimmt Gestalt an

Computermodell liefert Infor­ma­tionen über mut­maß­lichen Pla­neten im äu­ßeren Sonnen­system.

Die Meldung versetzte die astronomische Welt in Aufruhr: Konstantin Batgyin und Mike Brown vom Cali­fornia Institute of Tech­no­logy in Pasa­dena ver­kün­deten Anfang des Jahres, dass sie aus der Bewegung von Objekten im Kuiper-Gürtel auf einen bis­lang unbe­kannten großen Planeten im äußeren Sonnen­system schließen. Seit­her ver­suchen Planeten­forscher auf der ganzen Welt, mehr Infor­ma­tionen über den mut­maß­lichen neunten Planeten zu sammeln – um ihn so zu loka­li­sieren.

Abb.: Simulation der Struk­tur des mut­maß­lichen neun­ten Pla­neten. (Bild: E. Linder & C. Mordasini, U. Bern)

Wie groß und wie hell ist er, falls es ihn wirk­lich gibt? Wie warm oder kalt, und mit welchem Tele­skop könnte man ihn finden? Diese Fragen wollten Christoph Mordasini und Esther Linder von der Uni Bern beant­worten. Sie sind Experten auf dem Gebiet der Planeten­ent­wicklung mit­hilfe von Computer­modellen. Normaler­weise unter­suchen Mordasini und Linder die Ent­stehung junger Planeten außer­halb unseres Sonnen­systems, die Licht­jahre von uns ent­fernt sind. Des­halb sagt Linder: „Für mich ist der Planeten-Kandidat ein nahes Objekt, obwohl er etwa sieben­hundert Mal weiter von der Sonne ent­fernt ist als die Erde.“

Mordasini und Linder nehmen an, dass der neunte Planet eine kleinere Version von Uranus und Neptun ist – ein kleiner Eis­riese mit einer Hülle aus Wasser­stoff und Helium. Mit­hilfe ihres Modells der Planeten­ent­wicklung berech­neten sie, wie sich Werte wie zum Bei­spiel der Planeten­radius oder die Hellig­keit seit der Geburt des Sonnen­systems vor 4,6 Milliarden Jahren im Laufe der Zeit ent­wickelt haben. Sie kommen zu folgenden Resul­taten: Ein Planet mit zehn Erd­massen, wie von den beiden ameri­kanischen Forschern vorge­schlagen, hat heute einen Radius von 3,7 Erd­radien. Seine Tempe­ratur beträgt 47 Kelvin oder minus 226 Grad Celsius. Dies bedeute, so Linder, dass der Planet selbst signi­fikant Wärme ab­strahlt. „Wenn der Planet selbst keine innere Energie hätte, läge seine Tempe­ratur bei nur zehn Kelvin“, erklärt sie, „denn dann würde die Strahlung ledig­lich aus dem reflek­tierten Sonnen­licht bestehen.“ Dieser innere Energie­fluss, der vom Ab­kühlen des Planeten­innern her­rührt, be­deutet auch, dass der Planet im Infra­rot-Bereich viel heller strahlt als im sicht­baren Wellen­längen­bereich. „Auf­grund unserer Studie ist der neunte Planet jetzt mehr als bloß ein Masse­punkt, durch diese physi­ka­lischen Eigen­schaften nimmt er Gestalt an», sagt Mordasini.

Das Forscher-Duo untersuchte auch, ob ihre Resul­tate er­klären, warum der neunte Planet bis jetzt noch nicht von Tele­skopen aufge­spürt wurde. Sie berech­neten die Hellig­keit von kleineren und größeren Planeten in ver­schiedenen Umlauf­bahnen und kamen zu dem Schluss, dass die bisher durch­ge­führten Himmels­durch­musterungen nur eine kleine Chance hatten, ein Objekt mit zwanzig Erd­massen oder weniger zu ent­decken – vor allem, wenn es sich in der Nähe des fernsten Punkts auf seiner Um­lauf­bahn um die Sonne befindet. Aber die NASA-Sonde „Wide-field Infra­red Survey Explorer“ hätte einen Planeten mit fünfzig Erd­massen oder mehr finden sollen. „Damit hat man eine inte­res­sante obere Massen­grenze für den Planeten“, sagt Linder. Die Forscher sind über­zeugt, dass künftige Tele­skope wie das im Bau befindliche „Large Synoptic Survey Telescope“ in Chile oder spezielle Durch­musterungen den neunten Planeten ent­weder auf­spüren oder dessen Existenz aus­schließen können.

U Bern / RK

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