Der Ursprung der kosmischen Strahlung
Forscher entdecken eine neue Plasmainstabilität.
Die schnellen Bewegungen von Elektronen gleichzeitig mit hoher räumlicher Genauigkeit und einer zeitlichen Auflösung im Bereich von Attosekunden zu untersuchen – das ist einem deutsch-schwedischen Team jetzt gelungen. Die Forscher kombinierten eine spezielle Variante der Elektronenmikroskopie, die Photoemissions-Elektronenmikroskopie PEEM, mit den Möglichkeiten der Attosekundenphysik. Sie verwendeten extrem kurze Lichtblitze, um die Bewegung von Elektronen genau zu kontrollieren und ihr Verhalten zu erfassen. Mit dem Verfahren könnte sich in Zukunft das Verhalten von Elektronen in Nanomaterialien oder in neuartigen Solarzellen besser verstehen lassen.
Jetzt haben Mohamad Shalaby vom Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam AIP und seine Kollegen numerische Simulationen durchgeführt, um die Flugbahnen vieler Teilchen der kosmischen Strahlung zu verfolgen und zu untersuchen, wie diese mit dem sie umgebenden Plasma aus Elektronen und Protonen wechselwirken. Als die Forscher kosmische Strahlen analysierten, die von einer Seite der Simulation zur anderen flogen, entdeckten sie ein neues Phänomen, das elektromagnetische Wellen im Hintergrundplasma anregt. Diese Wellen üben eine Kraft auf die kosmischen Strahlen aus, die ihre Flugbahnen verändert.
Dieses neue Phänomen lässt sich am einfachsten verstehen, wenn man die kosmischen Strahlen nicht als einzelne Teilchen betrachtet, sondern als elektromagnetische Welle, in welcher diese kosmischen Teilchen gemeinsam schwingen. Indem diese Welle mit den Eigenschwingungen im Hintergrund wechselwirkt, werden sie verstärkt und es findet ein Energieübertrag statt. „Diese Erkenntnis erlaubt es uns, die kosmische Strahlung in diesem Zusammenhang als Strahlung und nicht als einzelne Teilchen zu betrachten, so wie es ursprünglich von Victor Hess angenommen wurde“, erläutert Christoph Pfrommer, Leiter der Abteilung Kosmologie und Hochenergie-Astrophysik am AIP.
„Dieser Fortschritt kam nur durch die Berücksichtigung kleinerer Skalen zustande, die bisher übersehen wurden, und stellt die Verwendung effektiver hydrodynamischer Theorien bei der Untersuchung von Plasmaprozessen in Frage“, betont Shalaby. Für die neu entdeckte Plasmainstabilität gibt es viele Anwendungen, unter anderem eine erste Erklärung für die Beschleunigung von Elektronen aus dem thermischen interstellaren Plasma zu sehr hohen Energien an Supernova-Überresten.
„Diese neu gefundene Plasmainstabilität stellt einen Quantensprung in unserem Verständnis des Beschleunigungsprozesses dar und erklärt endlich, warum Supernova-Überreste im Radio- und Gammastrahlenbereich leuchten“, so Shalaby. Darüber hinaus öffnet diese bahnbrechende Entdeckung die Tür zu einem besseren Verständnis der grundlegenden Prozesse des Transports der kosmischen Strahlung in Galaxien, der bisher das größte Mysterium in unserem Verständnis der Entwicklung von Galaxien darstellt.
AIP / RK