Die Lösung ist: 3149374943020779
Bei der Weltmeisterschaft im Kopfrechnen in Leipzig wurde der Spanier Alberto Coto Gesamtsieger. Der Deutsche Jan van Koningsveld (Photo) landete auf Platz Zwei.
Kopfrechnen-Weltmeister ermittelt -
Leipzig (dpa) - Hätten Sie unter Zeitdruck ausrechnen können, dass der 19. Mai 1758 ein Freitag gewesen ist, oder die Multiplikation von 75394407 mit 41771997 gelöst? Aufgaben dieser Größenordnung sind bei der Weltmeisterschaft im Kopfrechnen den 28 Teilnehmern aus zwölf Ländern am Dienstag in Leipzig gestellt worden. Gesamtsieger wurde der Spanier Alberto Coto, der Deutsche Jan van Koningsveld landete auf Platz Zwei. Dritter der Gesamtwertung ist der Peruaner Jorge Arturo Mendoza Huertas. Die Auswertung mit dem Computer hatte sich am späten Nachmittag um eine halbe Stunde verzögert.
Die Rechenkünstler im Alter von 11 bis 68 Jahren hatten zehn Aufgaben in sechs Kategorien zu lösen. Neben Kalenderrechnen, der Multiplikation achtstelliger Zahlen standen Additionen mit insgesamt 1000 Ziffern oder das Wurzelziehen aus sechsstelligen Zahlen bis auf die fünfte Nachkommastelle auf dem Aufgabenblatt. Die Rechenvielfalt der Teilnehmer wurde in zwei Überraschungsaufgaben getestet, die sich mit Rechenregeln und der Berechnung einer Durchschnittszeit in Stunden, Minuten und Sekunden befassten. Van Koningsveld belegte im Kalenderrechnen und im Wurzelziehen jeweils den ersten Platz.
Jüngster Teilnehmer war der elfjährige Vinay Bharadwaj aus Indien. Als Vinay die Aufgaben im Akkord löst, jongliert er mit seinen Händen, als ob er die Zahlen an einem virtuellen Rechenschieber hin- und herwirft. Beim Multiplizieren ist er als Zweiter fertig. Die verbleibenden zwei Minuten guckt er in die Luft, grinst breit über das Gesicht, während neben ihm ein älterer Teilnehmer seinen schweren Kopf auf der Hand abstützen muss.
Erst vor zwei Jahren habe er sich zum ersten Mal für Mathematik interessiert, sagt Vinay. «Meine Eltern und mein Mathelehrer haben mich motiviert, ich habe richtig Spaß dabei.» Seinen Freunden hilft er manchmal bei den Hausaufgaben, damit sie schneller spielen können. Der junge Rechenkünstler gucke kein Fernsehen, sagt seine Mutter, die eine der drei Teilnehmerinnen ist. Vinay spielt Badminton und hört gerne kanadische Klassikmusik.
Der indische Junge habe genau im richtigen Alter mit dem Rechnen in höheren Sphären begonnen, sagt sein Gegner, der 29-jährige Stefan Lehmann aus Chemnitz. «Anfangen sollte man, wenn das normale Multiplizieren in der Schule behandelt wird. Oder vielleicht ein Jahr später, um nicht mit den anderen Rechenmethoden durcheinander zu kommen.» Auf jeden Fall sollte man Spaß haben, sagt van Koningsveld. «Es ist wie beim 100-Meter-Lauf. Um richtig in die Spitzen zu kommen, muss man nicht nur trainieren, sondern auch die Veranlagung haben. Es können aber sicher mehr Leute, als es glauben.»
Während der elfjährige Inder nur mit einem Stift auskommt, brauchen die älteren Teilnehmer mehr Hilfsmittel. Der Libanese Issam Khneisser hat sich die Augen verbunden und Stöpsel in die Ohren gesteckt, um das Leben in seiner Umgebung auszublenden. Die Deutsche Tina Bauer nutzt eine stark abgedunkelte Sonnenbrille wie beim Pokern. Van Koningsveld braucht einen Kopfhörer, der für die Reduzierung von Baulärm ausgelegt ist: «Man sitzt da, um eine gewisse Anspannung aufzubauen und dann kommen die ganzen Ankündigungen für die Prozedur - und dann noch in mehreren Sprachen. Da ist der Fokus natürlich weg. Ich bin da zumindest sehr anfällig.»
Auch die Rechenprofis haben ihre Schwächen. «Ich habe mir noch schnell vor dem Schlafengehen das Wurzelrechnen angeguckt, weil ich nicht mehr genau wusste, wie das geht», sagt Lehmann. «Das sollte man so kurz vor Schluss eigentlich nicht mehr machen.» Er landete am Ende auf Platz 17, ist aber zuversichtlich für seine Division einer 15- stelligen durch eine dreistellige Zahl vom Vortag einen Weltrekord zugesprochen zu bekommen. Van Koningsveld hatte sich bei der Jury beschwert, weil sein Aufpasser zu unruhig gewesen sei. «Der hat hin- und hergewippelt, das lenkt enorm ab», sagt der 39-Jährige Bilanzbuchhalter. Bei der Multiplikation von 75394407 mit 41771997 lag er aber richtig. Die Lösung lautet: 3149374943020779.
Die erste Kopfrechen-WM fand 2004 in Annaberg-Buchholz statt, der Wirkungsstätte des deutschen Rechenmeisters Adam Ries. Gießen war 2006 Austragungsort der zweite Weltmeisterschaft.
Jan van Koningsveld - Bester deutscher Kopfrechner
Der beste deutsche Kopfrechner Jan van Koningsveld hat die deutsche und niederländische Staatsbürgerschaft und hat auch für die Niederlande schon an der Weltmeisterschaft der Kopfrechner teilgenommen. Diesmal ist er für Deutschland an den Start gegangen. Am Dienstag in Leipzig wurde der 39-jährige Bilanzbuchhalter, der in Deutschland lebt, Zweiter der Gesamtwertung - wie 2004 und 2006 für die Niederlande.
Seine Spezialität ist das Kalenderrechnen, wo er souverän den ersten Platz belegte. «Das Kalenderrechnen dauert genauso lange wie das Aufschreiben der Tagesabkürzungen», sagt das hochaufgewachsene Rechengenie. Erst vor sechs Jahren habe er anfangen, intensiv mit Zahlen zu jonglieren, sagt van Koningsveld. Das Rechenfieber habe ihn in Spanien gepackt, als er einem Rechenmeister bei der Zahlenakrobatik zusah. «Wenn es einen dann einmal gepackt hat, freut man sich, dass es sich fast bis ins Unermessliche immer weiterentwickelt.»
Computern und Taschenrechnern traut der in Emden geborene van Koningsveld nicht wirklich: «Es liegt in der Natur des Menschen, den einfachsten Weg zu gehen. Die Sache ist nur, dass die Leute an das glauben, was bei den Geräten rauskommt. Und was ist, wenn der Software-Entwickler einen Fehler gemacht hat?» Die Rechenakrobatik ist erlernbar, meint van Koningsveld. «Es ist wie beim 100-Meter- Lauf. Um richtig in die Spitze zu kommen, muss man nicht nur trainieren, sondern auch die Veranlagung haben. Es können aber sicher mehr Leute, als es glauben.»
Bei der WM sah es für ihn in ersten Durchgängen vor der Mittagspause zunächst nicht gut aus. «Im Training war ich deutlich besser, ich bin noch nicht richtig drin», sagte van Koningsveld. Dann musste er sich auch noch bei der Jury beschweren, weil sein Aufpasser zu unruhig war: «Ich hab' das im rechten Augenwinkel mitgekriegt: Der hat hin- und hergewippelt, das lenkt enorm ab», ärgerte er sich. Am Ende reichte es aber doch für Platz Zwei in der Gesamtwertung.
Von Sebastian Döring, dpa