Die Physik auf Bologna-Kurs
Zum bevorstehenden Studienstart im Oktober werden die meisten der bundesweit 58 Physik-Fachbereiche anstelle des klassischen Diploms die Studiengänge Bachelor und Master anbieten.
Zum bevorstehenden Studienstart im Oktober werden die meisten der bundesweit 58 Physik-Fachbereiche anstelle des klassischen Diploms die Studiengänge Bachelor und Master anbieten.
Bad Honnef – Der „Bologna-Prozess“, der zu europaweit vergleichbaren Studienabschlüssen führen soll, hat auch hierzulande eine Reform der Hochschullandschaft in Gang gesetzt. Zum bevorstehenden Studienstart im Oktober werden die meisten der bundesweit 58 Physik-Fachbereiche anstelle des klassischen Diploms die Studiengänge Bachelor und Master anbieten. So das Fazit einer Umfrage, die in der Oktober-Ausgabe des „Physik Journals“, der Mitgliederzeitschrift der Deutschen Physikalischen Gesellschaft (DPG), erscheint. „Bis zum Jahr 2010 wird die Umstellung auf die neuen Studiengänge praktisch abgeschlossen sein“, berichtet Gerd Ulrich Nienhaus, DPG-Vorstandsmitglied für Bildung und Ausbildung.
Mit der „Bologna-Deklaration“ haben sich 46 europäische Staaten dazu bekannt, einen gemeinsamen Hochschulraum mit international vergleichbaren Curricula und Studienabschlüssen zu schaffen. Zentrales Element des „Bologna-Prozesses“ ist die Einführung eines zweistufigen Systems von Studiengängen. Demzufolge wird als erster berufsqualifizierender Abschluss der „Bachelor“ eingeführt, als nächster akademischer Grad der „Master“ – dieser ist dem klassischen Diplom vergleichbar.
„Die Physik ist auf Bologna-Kurs“, kommentiert Gerd Ulrich Nienhaus das Ergebnis der Umfrage unter den Fachbereichen. „Der Abschied vom hochgeschätzten Physik-Diplom fällt zwar nicht leicht, doch die Fakultäten nutzen den Wechsel umsichtig, um die Studiengänge den steten Veränderungen einer lebendigen Wissenschaftsdisziplin anzupassen und so ein Studium hoher Qualität zu bieten.“ Bei der Reform der Studiengänge folgen die Universitäten weitgehend den Empfehlungen der Konferenz der Fachbereiche Physik (KFP). Dieses Gremium, in dem alle deutschen Physik-Fachbereiche vertreten sind, hatte sich 2005 auf Kriterien über Lerninhalte und Ziele der neuen Curricula verständigt. „Der Bachelor-Studiengang soll in sechs Semestern eine breite Allgemeinbildung in Physik vermitteln und damit bereits eine bedingte Berufsbefähigung gewährleisten“, sagt DPG-Vorstandsmitglied Nienhaus, der auch KFP-Vorsitzender ist. „Das darauf aufbauende viersemestrige Master-Studium führt auf ein Qualifikationsniveau, das dem des bisherigen Physik-Diploms entspricht, einem Ausbildungsgrad auf international anerkanntem, höchstem Niveau.“ Das Master-Studium besteht aus einer fachlichen Vertiefungsphase mit anschließender einjähriger Forschungsphase. „Die Forschungsphase war bereits im Diplom-Studiengang etabliert; sie stellt eine Brücke vom Studium zur Berufspraxis dar“, so Nienhaus. „DPG und KFP empfehlen den Studierenden der Physik, den Master anzustreben, der anschließend auch den Zugang zur Promotion eröffnet.“
Wie die Umfrage unter den Fachbereichen zeigt, sind viele der neuen Studienangebote interdisziplinär. So stehen bundesweit 50 Studiengänge mit dem Abschluss „Bachelor in Physik“ vor der Einführung oder sind bereits in Kraft gesetzt. 13 weitere Bachelor-Curricula kombinieren die Physik mit einer anderen Fachdisziplin: beispielsweise mit Informatik, Material- und sogar Wirtschaftswissenschaften. Facettenreich auch die Situation beim zweiten akademischen Grad, dem Master: 42 geplante oder bereits eingeführte Studiengänge sind auf einen genuinen „Master in Physik“ ausgerichtet, 24 weitere auf Spezialgebiete wie Technische Physik, Astro- oder Biophysik. Noch ist unklar, ob langfristig alle Universitäten den „Master in Physik“ einführen oder manche stattdessen nur ein spezialisiertes Studium anbieten werden. Nienhaus sieht diese Situation durchaus kritisch: „Eine Spezialisierung im Master-Studium ist erwünscht. Eine Vielzahl spezieller Abschlüsse könnte aber dazu führen, dass das Berufsbild des Physikers beziehungsweise der Physikerin unscharf erscheint. Ein klares Profil des akademischen Grades „Master in Physik“ wird jedoch bei der Jobsuche von Vorteil sein.“
Quelle: DPG
Weitere Infos:
- Originalveröffentlichung:
Gerd Ulrich Neinhaus, Die Physik auf Bologna-Kurs, Physik Journal, Oktober 2007 S. 27 (Link siehe oben rechts) - Empfehlungen der Konferenz der Fachbereiche Physik zu Bachelor- und Master-Studiengängen in Physik:
http://www.kfp-physik.de/kfp/Ba-Ma-Studium.pdf - Deutsche Physikalische Gesellschaft – DPG:
http://www.dpg-physik.de