Die Physik und der Mauerfall
Wie die deutschen Physiker in Ost und West auf den Fall der Mauer reagierten.
Als die Mauer in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1989 fiel, traf das Bevölkerung wie Regierung fast gänzlich unvorbereitet. Das historische Ereignis entfachte einen Freudentaumel über eine gelungene friedliche Revolution und setzte den Prozess der Wiedervereinigung in Gang, der natürlich auch die Wissenschaftswelt betraf. Hier handelten die Physikerinnen und Physiker wohl am schnellsten. Die beiden deutschen Physikalischen Gesellschaften vereinbarten bereits im März 1990 die Fusion, die im Dezember 1990 abgeschlossen war.
Die Physiker waren dem politischen Einigungsprozess „vielleicht sogar einen Schritt voraus“ und agierten daher „sehr visionär und kühn“, meinte der Berliner Wissenschaftshistoriker Dieter Hoffmann in einem Rundgespräch, welches das Physik Journal zum 20. Jahrestag des Mauerfalls veranstaltete (siehe unten). Dieses bietet einen guten Einblick in die großen Umwälzungen im Wissenschaftssystem der Neuen Bundesländer und deren Gewinner und Verlierer.
In der monatlich erscheinenden DPG-Mitgliederzeitschrift Physikalische Blätter, der Vorgängerin des Physik Journals, spiegelte sich der Mauerfall erstmals im Januar 1990 wider. Der amtierende DPG-Präsident Otto G. Folberth wünschte am Schluss seines Grußwortes, dass „die neuen Freiheiten in der DDR zu verbesserten Kontakten und zu neuen, gemeinsamen Aktivitäten der Physiker und Physikerinnen in beiden Teilen Deutschlands führen mögen.“
Heute, wo die Angehörigen des ersten Geburtenjahrgang nach dem Mauerfall ihr Studium abgeschlossen haben oder im Beruf stehen, sind die Ereignisse im November 1989 und die Verhältnisse in den vierzig Jahren der DDR fern. Für alle diejenigen, die sich dafür interessieren, wie sich Wende- und Vorwendezeit aus Sicht der Physik darstellen, haben wir unten eine Auswahl von Artikeln zusammengestellt. Diese bieten Einblicke in die Geschichte der DPG-Physik, die unmittelbaren Reaktionen auf den Mauerfall sowie die längerfristigen Entwicklungen.
Alexander Pawlak