Die Reise zum Mond
Seit den Apollo-Missionen dienen Retroreflektoren auf dem Mond dem Lunar Laser Ranging. Die neue „Physik in unserer Zeit“ beleuchtet das Thema in allen Facetten.
Jürgen Müller
Vor 56 Jahren, im Juli 1969, landete die Mondfähre Eagle während der Apollo-11-Mission auf dem Mond. Ein großer Schritt für die Wissenschaft; denn es wurde auch ein Laserreflektor auf der Mondoberfläche abgestellt. Am 1. August 1969 gelang dem Team des Lick Observatory in Kalifornien damit die erste Laserentfernungsmessung zum Mond. Bis heute werden dieser Reflektor und fünf weitere Reflektoren – der letzte abgesetzt im Jahr 2025, nach einer Pause von mehr als fünfzig Jahren – von Beobachtungsstationen auf der Erde angemessen. Nur eine Handvoll Observatorien waren beziehungsweise sind dazu in der Lage, darunter das Geodätische Observatorium Wettzell im Bayerischen Wald, das durch Messung im Infraroten gute Ergebnisse erzielt.

Gerade einmal 2,7 s benötigen die Laserpulse für den Weg zum Mond und zurück zur Erde. Die einfache Strecke schwankt wegen der Bahnbewegung des Mondes und der Rotation der Erde zwischen 356 000 km und 407 000 km. Vorteilhaft ist, dass der Mond der Erde immer dieselbe Seite zeigt, die Reflektoren prinzipiell also immer sichtbar sind. Das ist möglich, da beim Mond die Drehung um die eigene Achse und seine Umlaufbewegung die gleiche Zeit benötigen – ein Monat. Und da der Mond keine Atmosphäre hat, werden die Reflektoren auch nicht zugestaubt. Die Fußabdrücke der Astronauten sind heute noch sichtbar.
In Summe sind rund 35 000 Lasermessungen zum Mond für die Wissenschaft verfügbar. Mit den Daten kann man eine Vielzahl von Effekten im Erde-Mond-System untersuchen, wie Ulrich Schreiber und Johann Eckl in ihrem Artikel in diesem Heft beschreiben. Das Institut für Erdmessung (IfE) der Leibniz Universität Hannover betreibt eines von weltweit ganz wenigen Auswertezentren, die diese Daten analysieren. Damit konnte beispielsweise berechnet werden, dass sich der Mond kontinuierlich von der Erde entfernt – knapp 4 cm pro Jahr. Als Konsequenz verlängert sich die Tageslänge auf der Erde um zwei Millisekunden pro Jahrhundert. Der große Nutzen der Mondbeobachtungen liegt in der sehr langen Zeitspanne und dem relativ großen Abstand, wodurch sich die Daten besonders gut für Tests der Einsteinschen Relativitätstheorie eignen, da sich die relativistischen Effekte entsprechend auswirken.

Gegenstand der Forschung ist etwa die Gültigkeit des Äquivalenzprinzips, also ob unterschiedliche Massen, hier Erde und Mond, von einem dritten Körper, der Sonne, gleichermaßen gravitativ angezogen werden. Weitere Facetten des Äquivalenzprinzips können getestet werden, etwa mögliche Bahnvariationen in Richtung des Schwarzen Lochs im Mittelpunkt unserer Galaxie oder solche, die von einer potenziellen Nichtgleichheit der aktiven und passiven gravitativen Masse des Mondes herrühren. Diese Aspekte beleuchten Eva Hackmann und Claus Lämmerzahl eingehend in ihrem Artikel. Eine weitere spannende Frage hinsichtlich der Verknüpfung von Relativitätstheorie und Quantentheorie ist, ob die Gravitationskonstante zeitlich und räumlich konstant ist. Bislang hat die Relativitätstheorie alle Tests mit Bravour bestanden. Alle ihre Voraussagen wurden mit einer relativen Genauigkeit von zirka 0,1 Promille bestätigt.
Momentan werden neue Mondmissionen von verschiedenen Raumfahrtagenturen vorbereitet, etwa im Rahmen des Moonlight-Programms der ESA, in dem auch neue Reflektoren und weitere Sensorik auf dem Mond abgestellt werden. Und so hoffen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, dass auch nach mehr als 56 Jahren diese einzigartige Beobachtungshistorie fortgesetzt und ausgebaut wird, als Basis für noch viele faszinierende Studien und neue Erkenntnisse.
Weitere Infos
- Originalveröffentlichungen
E. Hackmann, C. Lämmerzahl: Massenbegriffe auf dem Prüfstand: Die drei Facetten der Masse, Physik in unserer Zeit 56(6), 272 (2025); DOI: https://doi.org/10.1002/piuz.202501745
U. Schreiber, J. Eckl: Laserentfernungsmessungen zum Mond: Das Erde-Mond-System als Gravitationslabor, Physik in unserer Zeit 56(6), 281 (2025); DOI: https://doi.org/10.1002/piuz.202501744 - November-Ausgabe von „Physik in unserer Zeit“












