07.12.2022

Apollo 17: Der erste Wissenschaftler auf dem Mond

Die letzte Apollo-Mission war nicht nur die längste, sondern brachte mit dem Geologen Harrison Schmitt auch den ersten Wissenschaftler auf den Mond.

Die Apollo-Mission 17 sorgte für Premieren: Der Start am 7. Dezember 1972 war der erste und letzte einer Saturn-V-Rakete in der Nacht und bot dabei ein spektakuläres Feuerwerk, dessen Widerschein viele hundert Kilometer weit zu sehen war. An Bord der Apollo-Kapsel war mit dem promovierten Geologen Harrison „Jack“ Schmitt erstmals ein ausgebildeter Wissenschaftler. Schmitt machte in einer Entfernung von 45.000 Kilometern das erste vollständige Porträtfoto der Tagseite der Erde, das die NASA am 24. Dezember 1972 veröffentlichte, genau vier Jahre nachdem Bill Anders an Bord von Apollo 8 den „Erdaufgang“ über der Mondoberfläche fotografiert hatte.

Nachdem die geplanten Apollo-Missionen 18, 19 und 20 aufgrund von Kostengründen, aber auch wegen des nachlassenden Interesses von Politik und Öffentlichkeit gestrichen worden waren, lasteten auf Apollo 17 hohe Erwartungen.

Kommandant war der erfahrene Astronaut Eugene „Gene“ Cernan, der eine Gemini-Mission und mit Apollo 10 die Generalprobe für die erste Mondlandung absolviert hatte, bei der dem Mond bis auf weniger als 15 Kilometer nahe gekommen war. Pilot der Kommandokapsel wurde Ronald Evans. Als Pilot der Mondfähre wäre turnusgemäß Joe Engle von der Ersatzmannschaft von Apollo 14 dran gewesen. Doch er musste Harrison Schmitt weichen. Dieser hatte sich bereits bei den wissenschaftlichen Vorbereitungen zu den Apollo-Missionen 14 bis 16 bewährt und machte sich für den Krater Tsiolkovskiy auf der erdabgewandten Seite des Mondes als Landeziel von Apollo 17 stark. Doch nach langen Diskussionen zwischen den Forschern und NASA-Verantwortlichen fiel die Wahl auf das Taurus-Littrow-Tal am Ostrand des Mare Serenitatis, wo man Spuren von früherem Vulkanismus auf dem Mond vermutete.

Nach Verzögerungen beim Start verlief die Mission fast reibungslos und auch der anspruchsvolle Landanflug durch die hohen Randgebirge des Mare Serenitatis gelang perfekt und Cernan setzte am 11. Dezember 1972 um 20:54 Uhr MEZ die Mondfähre „Challenger“ fast genau an der geplanten Stelle auf. Vom Anblick, der sich nun bot, waren beide Astronauten begeistert. Cernan rief aus: „Mein Gott, ist das schön hier!“ Bereits vier Stunden später begaben sich Cernan und Schmitt auf die erste ihrer drei Exkursionen, bei dem sie ein Mondauto nutzten, wie es bei den beiden vorherigen Missionen erfolgreich zum Einsatz bekommen war.

So verschieden Cernan und Schmitt auch vom Naturell waren – Cernan versuchte erfolglos, Schmitt mit seiner Faszination für den Anblick der Erde anzustecken – arbeiteten beide bestens zusammen, etwa bei der Installation der physikalischen Messstationen.

Durch Bohrungen bestimmten die Apollo-17-Astronauten die Zunahme der Wärme mit zunehmender Tiefe. Das lieferte Erkenntnisse über tektonische Bewegungen der Mondoberfläche, die durch Spannungen im Inneren verursacht werden. Bei Apollo 16 war das Experiment gescheitert, weil Astronaut John Young mit dem Fuß ein Kabel herausgerissen hatte.

Apollo 17 lieferte eine reiche geologische Ausbeute. Die drei Außeneinsätze von insgesamt 22 Stunden Dauer waren die längsten des Apolloprogramms und erbrachten über 2000 Fotografien und mit rund 110 Kilogramm die größte Menge an Mondgesteinsproben.

Harrison machte eine Entdeckung, die nicht nur ihn, sondern auch das Wissenschaftsteam im Kontrollzentrum in Entzücken versetzte. Im von seinen Stiefeln aufgewühlten Boden wurde orangefarbener Mondstaub sichtbar. Dabei handelte es sich um titanreiche Lava, die bei vulkanischen Ausbrüchen zu Glaskügelchen erstarrt war. Diese vulkanischen Ablagerungen stammten, wie sich bei späteren Analysen zeigte, aus rund 400 Kilometer Tiefe und liefern so Erkenntnisse über die Beschaffenheit des Mondmantels.

Die Hoffnung, Spuren jüngeren Vulkanismus in den dunklen Flächen des Taurus-Littrow-Gebiets zu finden, zerschlugen sich, diese erwiesen sich als über drei Milliarden Jahre alt und gaben daher keine neuen Hinweise, wie lange der Mond vulkanisch aktiv gewesen war. Dafür gelang es, eine über 4,3 Milliarden Jahre alte Gesteinsprobe zu finden.

Erstmals kam mit Apollo 17 auch ein Gravimeter auf den Mond. Das Experiment „Lunar Surface Gravimeter“ sollte hochpräzise Messungen der Gravitationsbeschleunigung an der Mondoberfläche und ihrer zeitlichen Schwankungen an einem ausgewählten Punkt ermöglichen. Damit sollte der Wert der Mondgravitation im Verhältnis zur Erdgravitation bestimmt werden und auch wie stark die Mondoberfläche durch Gezeitenkräften deformiert wurde.

Besonders aufregend erschien die Aussicht, Gravitationswellen kosmischer Quellen nachzuweisen. Eine solch sensationelle Entdeckung blieb dem Apollo-Programm versagt, denn Probleme mit der aufgehängten Masse verhinderten fast gänzlich, dass das Instrument ordnungsgemäß funktionierte.

Dafür gelang eine körperlich sehr anstrengende 2,80 Meter tiefe Bohrung. Die Analyse des Bohrkerns ließ darauf schließen, wie stark der Fluss der Neutronen schwankt, die aus der kosmischen Strahlung auf den Mond treffen. Da der Mond im Gegensatz zur Erde kein schützende Magnetfeld besitzt, stellt der Mondboden eine Art Archiv der kosmischen Strahlungsaktivität dar.

„So, wie wir gekommen sind und mit Gottes Hilfe wieder hierher kommen werden, gehen wir jetzt: in Frieden und Hoffnung für die ganze Menschheit!“, sagte Gene Cernan am 14. Dezember 1972, bevor er als bislang letzter Mensch auf dem Mond wieder in die Landefähre stieg. Fünf Tage später landeten die drei Apollo-17-Astronauten sicher im Pazifik.

Damit endete das Projekt Apollo. Für Ron Evans blieb Apollo 17 der einzige Raumflug. Er gehörte aber zur Ersatzmannschaft für das Apollo-Sojus-Projekt und engagierte sich bei der Entwicklung und Planung des Space-Shuttle-Programms. Gene Cernan schied am 1. Juli 1976 aus der NASA aus und wurde Vizepräsident der Carol Petroleum in Houston, Texas.

Harrison Schmitt (2. v. r.) war als Mitglied der Beratergruppe des National...
Harrison Schmitt (2. v. r.) war als Mitglied der Beratergruppe des National Space Council anwesend, als US-Präsident Trump die „Space Policy Directive 1“ unterschrieb, die unter anderem eine Rückkehr von Menschen zum Mond vorsieht. (Foto: NASA / Aubrey Gemignani)

Harrison Schmitt schlug nach seiner NASA-Karriere eine politische Laufbahn ein und war von 1977 bis 1983 republikanischer Senator für den Bundesstaat New Mexico. Im Anschluss war er als Berater tätig, insbesondere für Geologie und Raumfahrt. In den letzten Jahren engagierte er sich nicht nur für die Rückkehr der NASA zum Mond, sondern auch als Klimawandelskeptiker, der bestritt, dass die globale Erwärmung durch den Menschen verursacht sei.

Die Mondproben, Fotos und Daten der Apollo-Missionen sind immer noch Gegenstand aktueller Forschung. Das Programm endete zwar früher als gedacht, fand aber mit der ersten (und bislang einzigen) rein US-amerikanischen Raumstation Skylab eine Fortsetzung. Die Rückkehr von Menschen zum Mond rückt mit dem Artemis-Programm wieder in erreichbare Nähe. Das unbemannte Orion-Modul der am 16. November gestarteten ersten Testmission soll demnächst im Pazifik wassern.

Alexander Pawlak
 

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