02.07.2025

Stephanie Wehner mit Körber-Preis ausgezeichnet

Frühere Hackerin erhält den mit einer Million Euro dotierten Körber-Preis für die Europäische Wissenschaft.

Die deutsche Informatikerin und Quantenphysikerin Stephanie Wehner erhält den Körber-Preis für die Europäische Wissenschaft. Die mit einer Million Euro dotierte Auszeichnung würdigt ihre wegweisende Arbeit zum Quanteninternet – einem ultraschnellen und extrem sicheren Computernetzwerk, das ganz neue Anwendungen und Rechenleistungen ermöglicht. Künftig könnten damit Daten abhörsicher übertragen werden und Anwender in Rekordzeit vernetzt gemeinsam Probleme lösen, die weit über die Grenzen des heutigen Internets hinausgehen. Die Ehrung fällt in das von den Vereinten Nationen ausgerufene Jahr der Quantenforschung zum hundertjährigen Jubiläum der Quantenmechanik.

Stephanie Wehner
Stephanie Wehner
Quelle: Marcus Gloger / Körber-Stiftung

Wehner ist Direktorin der Europäischen Quanteninternet-Allianz und Professorin am QuTech-Institut der Technischen Universität Delft in den Niederlanden. Vor ihrer Forschungskarriere war sie als „ethische Hackerin“ tätig – sie testete Computersysteme auf Sicherheitslücken, um sie besser zu schützen. Heute treibt sie den Aufbau eines Europäischen Quanteninternets maßgeblich voran.

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Lucas Rickert und Tobias Heindel • 4/2025 • Seite 42

Mikro-Dartscheiben für das Quanteninternet

Stephanie Wehners jüngster Durchbruch ist die Entwicklung von QNodeOS, des weltweit ersten Betriebssystems für Quantencomputer-Netzwerke. Bislang mussten Quanten-Anwendungen aufwendig von Spezialisten programmiert werden – für jede Hardware einzeln und ohne Möglichkeit der Vernetzung. Die Situation ähnelte der Frühzeit klassischer Computer, in der diese noch nicht durch das Internet verbunden waren und nur von Experten bedient werden konnten.

Das von Wehners Team entwickelte Betriebssystem ändert dies grundlegend. Es erlaubt, Quantenprogramme auf verschiedenen Geräten auszuführen und miteinander zu vernetzen – und das ohne quantenphysikalisches Spezialwissen. Anders als herkömmliche Computer, die weitgehend auf ähnlicher Technik beruhen, unterscheiden sich Quantencomputer stark je nach Ansatz. Manche nutzen Atomstrukturen in Diamanten, andere arbeiten mit dem Spin von Elektronen. Ihre Funktionsweise und oft auch ihr Aussehen können kaum unterschiedlicher sein. Dank Wehner und ihrem Team ist es nun erstmals möglich, diese unterschiedlichen Systeme ohne Wissen über die zugrunde liegende Hardware zu programmieren – ein Durchbruch auf dem Weg zum Quanteninternet und ein wichtiger Beitrag zur Wettbewerbsfähigkeit Europas.

Mit den Mitteln des Körber-Preises will Stephanie Wehner neue Anwendungen für Quanten-Netzwerke erforschen, die bereits in den nächsten fünf bis zehn Jahren in Forschung und Wirtschaft genutzt werden könnten. Im Mittelpunkt stehen dabei Probleme des „Load Balancing“. Dabei müssen Computer in Echtzeit entscheiden, wohin sie ihre Ressourcen lenken – beispielsweise, um Stromnetze bei Nachfragespitzen zu steuern. Quantencomputer könnten solche Entscheidungen deutlich schneller treffen als herkömmliche Systeme.

Darüber hinaus möchte Wehner gemeinsam mit den Partnern in der Europäischen Quanteninternet-Allianz bis 2030 zwei europäische Metropolen über Hunderte von Kilometern durch ein Quantenkommunikationsnetz verbinden. So soll Europa eine Führungsrolle beim Aufbau des Quanteninternets einnehmen, während gleichzeitig neue Perspektiven für Start-Ups und digitale Geschäftsmodelle entstehen.

Wehner wurde 1977 in Würzburg geboren. Neben ihrem Informatik-Studium in Amsterdam arbeitete sie für die IT-Sicherheitsfirma ITSX, nachdem sie bereits vor dem Studium für den niederländischen Internetanbieter XS4ALL tätig gewesen war. Seit 2016 ist sie Antoni-van-Leeuwenhoek-Professorin am QuTech-Institut der TU Delft in den Niederlanden. Seit 2017 leitet sie die von ihr mitbegründete Europäische Quanteninternet-Allianz (QIA). Sie ist gewähltes Mitglied der Königlich Niederländischen Akademie der Wissenschaften, Mitgründerin der weltweit größten Konferenz für Quantenkryptographie (QCRYPT) sowie des Spin-offs Delft Networks.

Den Preis erhält Wehner am 19. September 2025 im Großen Festsaal des Hamburger Rathauses. Der mit einer Million Euro dotierte Körber-Preis zählt zu den weltweit höchstdotierten Forschungspreisen. Die Preissumme ist für Forschung und Wissenschaftskommunikation einzusetzen, zehn Prozent dürfen für persönliche Zwecke verwendet werden. Die Körber-Stiftung zeichnet mit dem Körber-Preis seit 1985 jährlich einen Forschungsdurchbruch in den Physical oder den Life Sciences in Europa aus. Prämiert werden exzellente und zukunftsweisende Forschungsansätze mit hohem Anwendungs-potenzial. Nach Verleihung des Körber-Preises erhielten bislang acht Preisträgerinnen und Preisträger den Nobelpreis. 

Die Preisverleihung bildet zugleich den Höhepunkt des Hamburg Science Summit. Die von der Körber-Stiftung und der Hamburger Wissenschaftsbehörde organisierte Konferenz bringt am 18. September europäische Spitzenkräfte aus Wissenschaft, Politik, Wirtschaft und Think-Tanks zusammen, um über die Zukunft von Wissenschaft und Innovation in Europa zu diskutieren. (Körber Stiftung)

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