Die Wandlung roter Blutzellen
Holotomographische Mikroskopie macht Verwandlung von Erythrozyten in Stechapfelzellen sichtbar.
Blut ist in der Tat ein „ganz besondrer Saft“. Denn was bereits der Dichter und Naturforscher Goethe ahnte, lässt sich heute mit innovativen Bildgebungsverfahren tatsächlich sichtbar machen. Eine dieser Besonderheiten ist nämlich zugleich jener Zelltyp, die am häufigsten in der Blutbahn vorkommt: der Erythrozyt. Billionen dieser roten Blutkörperchen drehen jede Minute ihre Runden durch den menschlichen Körper. Dass sie dabei nicht immer eine rundliche Gestalt einnehmen, ermöglicht ihnen, sich durch engste Äderchen zu quetschen, um die entlegensten Winkel unseres Körpers mit Sauerstoff zu versorgen.
Manche Formänderungen der Erythrozyten sind allerdings auch typisch für spezielle Veränderungen in der Umgebung: So treten etwa Stechapfelzellen mit zugespitzten Ausläufern etwa bei Verbrennung, Leberschäden oder bei Kontakt mit bestimmten Medikamenten auf. Empa-Forscher konnten die Verwandlung von roten Blutkörperchen in Stechapfelzellen nun mittels digitaler holotomographischer Mikroskopie beobachten.
Talia Bergaglio und Peter Nirmalraj vom „Transport at Nanoscale Interfaces“-Labor in Dübendorf provozierten hierzu die Verformung von lebenden roten Blutkörperchen durch Zugabe des Arzneimittels Ibuprofen. Die Verwandlung von rundlichen Donuts zu Stechapfelzellen konnten sie dank der holotomographischen Mikroskopie in Echtzeit nachverfolgen. Diese innovative Technik funktioniert ähnlich wie eine Computertomographie (CT), wobei die Bildgebung über Lasertechnik anstatt mittels Röntgenstrahlen stattfindet. Die digitale holografische Mikroskopie ist damit besonders geeignet für biologische Proben wie Blutzellen, da sie hochauflösende, berührungslose und Marker-freie Aufnahmen ermöglicht, die sich im Anschluss zu einer dreidimensionalen Darstellung rekonstruieren lassen.
Rote Blutkörperchen sind hierbei ein perfektes Modellsystem, da sie sich im Verlauf ihrer Existenz von allen Bestandteilen trennen, die sie an ihrer Hauptaufgabe, dem Sauerstofftransport, hindern; sie sind letztlich (fast) leere Membranhüllen. „Daher lassen sich mit unserem bildgebenden Verfahren die Wechselwirkungen einer Vielzahl von Arzneimittelmolekülen mit der Zellmembran besonders gut an roten Blutkörperchen untersuchen“, so Empa-Forscher Nirmalraj.
Empa / DE