27.10.2009

DLR simuliert Mars-Atmosphäre in Göttingen

Im Vorfeld der ExoMars-Mission soll untersucht werden, welchen Einfluss die exotische Atmosphäre des Roten Planeten auf eine Landekapsel hat, die sie durchfliegt.

DLR simuliert Mars-Atmosphäre

Im Vorfeld der ExoMars-Mission soll untersucht werden, welchen Einfluss die exotische Atmosphäre des Roten Planeten auf eine Landekapsel hat, die sie durchfliegt.

Ist die Erde der einzige Platz in unserem Sonnensystem, an dem sich lebende Organismen gebildet haben? Gibt es zum Beispiel Leben auf dem Mars? Diese Frage soll die europäische Raumfahrt-Mission ExoMars klären. Am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Göttingen wird dafür zurzeit die Marsatmosphäre simuliert.

Abb.: ExoMars-Kapsel im Windkanal (Bild: DLR)

Die Göttinger Forscher untersuchen, welchen Einfluss die exotische Atmosphäre des Roten Planeten auf eine Landekapsel hat, die sie durchfliegt. "Die Mars-Atmosphäre ist völlig anders als die Luft der Erde", sagt Klaus Hannemann, Leiter der Abteilung Raumfahrzeuge im DLR-Institut für Aerodynamik und Strömungstechnik. Sie besteht zu 95 Prozent aus Kohlendioxid und ist sehr dünn. Fliegt eine Landekapsel mit mehrfacher Schallgeschwindigkeit durch die Marsatmosphäre, treten Effekte auf, die genau untersucht werden müssen. Bei den extrem hohen Temperaturen setzen chemische Reaktionen ein, die die Eigenschaften des Gases ändern: Das Kohlendioxid zerlegt sich in seine molekularen Bestandteile. "Dies kann die Druckverteilung auf der Kapsel beeinflussen und somit Auswirkungen auf das aerodynamische Verhalten haben", erklärt Hannemann. Ein weiterer wichtiger Aspekt der Untersuchungen ist die Bestimmung der extrem hohen Wärmelasten auf dem Hitzeschild der Kapsel.

Die Experimente im Auftrag der Europäischen Weltraumorganisation ESA werden im Hochenthalpiekanal Göttingen durchgeführt, einer der wichtigsten europäischen Großanlagen zur Erforschung des Hyperschalls und Wiedereintritts von Raumfahrzeugen. In dem 62 Meter langen Windkanal verdichtet zunächst ein Kolben ein Treibgas wie in einer riesigen Luftpumpe. Nach dem Platzen einer Stahlmembran komprimiert und heizt eine starke Stoßwelle das Kohlendioxid, bevor es in einer Windkanaldüse auf 4,4 Kilometer pro Sekunde beschleunigt wird. Das entspricht fast 16.000 Stundenkilometern. Dann strömt das Gas um ein Modell der Landekapsel. Dieses Szenario simuliert die Flugsituation der Kapsel in der Marsatmophäre in 40 Kilometern Höhe über der Oberfläche. Hierbei entstehen in der Testanlage Temperaturen von 6000 Grad Celsius – heißer als die Oberfläche der Sonne.

"Bei der Beobachtung des Experiments nutzen wir ein Phänomen, das jeder kennt: Das Flimmern der Luft über einer heißen Straße im Sommer", erklärt Jan Martinez Schramm, der die Experimente leitet. Durch die Erwärmung ändert sich die Dichte der Luft - und damit die Art, in der das Licht gebrochen wird. Die Göttinger Wissenschaftler können aus dem "Flimmern" des Gases im Windkanal, den so genannten Schlieren, auf Dichteunterschiede schließen. Dabei haben sie eine besonders kritische Stelle der Mars-Kapsel ausgemacht: Das Heck. "Dort kann es zum Strömungsabriss und sehr hohen Wärmelasten kommen", sagt Hannemann.

Bei weiteren Versuchen wird ein Modell der Mars-Landekapsel an dünnen Fäden im Windkanal aufgehängt, um die wirkenden Kräfte zu bestimmen. Trifft dann das heiße Gas darauf, verbrennen die Fäden und das Modell schwebt für Sekundenbruchteile im freien Flug. Länger ist es auch nicht nötig, denn eine Messung im Hochenthalpiekanal dauert nur eine Millisekunde, also eine Tausendstel Sekunde.

Die ExoMars-Mission der ESA ist jüngst aktualisiert worden. Nach den jetzigen Planungen will die ESA in einer eigenständigen Mission im Jahr 2016 mit einer Landekapsel auf der Marsoberfläche landen und wissenschaftliche Experimente durchführen. Gleichzeitig soll ein Orbiter den Mars umkreisen, um die Kommunikation zur Erde sicherzustellen. Diesen wird auch die NASA nutzen. Im Jahr 2018 soll dann unter Führung der NASA ein europäischer Rover mit einem Bohrer zur Untersuchung des Bodens auf dem Mars abgesetzt werden.

Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt


Weitere Infos

AL

ContentAd

Kleinste auf dem Markt erhältliche Hochleistungs-Turbopumpe
ANZEIGE

Kleinste auf dem Markt erhältliche Hochleistungs-Turbopumpe

Die HiPace 10 Neo ist ein effizienter, kompakter Allrounder für den Prüfalltag, der geräuscharm und besonders energieeffizient ist.

EnergyViews

EnergyViews
Dossier

EnergyViews

Die neuesten Meldungen zu Energieforschung und -technologie von pro-physik.de und Physik in unserer Zeit.

Meist gelesen

Themen