Drahtseil-Schäden frühzeitig erkennen
Neuartiges Überwachungssystem für den mobilen und stationären Einsatz.
Fahrstuhl- und Seilbahnkabinen, Bergbahnen, sogar ganze Brücken hängen an Drahtseilen. Reißen sie wegen Brüchen oder Korrosion, kann das zu schweren Unfällen führen. Daher werden die Seile regelmäßig kontrolliert – im Wesentlichen per Sichtprüfung der Seiloberfläche. Jetzt entwickeln das Bremer Institut für Produktion und Logistik an der Uni Bremen und das Unternehmen MEB-
Abb.: Stahlseil auf Seilwinde: Frisches Fett ist goldgelb. Wird es schwarz, liegt das hauptsächlich an den Stahlpartikeln, die sich durch den Abrieb darin sammeln. (Bild: M. Lewandowski, BIBA)
„MOBISTAR – Entwicklung eines Systems zur automatischen Detektion von Schäden an einem Drahtseil“ heißt das zweijährige Forschungsprojekt. Es hat einen Gesamtumfang von gut einer halben Million Euro und wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie im Rahmen des „Zentralen Innovationsprogramms Mittelstand“ mit knapp 400.000 Euro gefördert.
Das Prüfsystem soll auf Basis eines neuen Mess- und Auswerteverfahrens arbeiten und zur spontanen sowie zur kontinuierlichen Überwachung von Seilen mit einem Durchmesser von bis zu vierzig Millimetern dienen. Zunächst konzentrieren sich die MOBISTAR-
Das System MOBISTAR wird für den Einsatz an Seilwinden und Befahranlagen innerhalb von Windenergieanlagen konzipiert und wird sowohl mobil als auch stationär zu verwenden sein. Als mobile Einheit unterstützt es zum Beispiel Sachverständige bei ihren Prüfungen. Als stationäre Einheit dient es der dauerhaften Überwachung der Seile. Das System soll auch während des Betriebs der Seile schadhafte Stellen wie Risse, Brüche, Quetschungen, Korrosion oder Knicke erkennen können und muss daher auch bei höheren Geschwindigkeiten schnell präzise Ergebnisse liefern.
Ein Herzstück des Systems ist die Sensoreinheit. Sie fährt das Drahtseil entlang, nimmt Messungen vor und übermittelt die Daten an einen Rechner, wo die MOBISTAR-
Für die Messungen setzen die Projektpartner neben Magnetinduktionsverfahren auch auf neue Sensoren und optische Verfahren. Mit dem Magnetinduktionsverfahren lassen sich insbesondere Brüche im Seil detektieren. Die optischen Verfahren geben Aufschlüsse unter anderem zu Veränderungen der Seilquerschnitte und zu Oberflächendefekten. „Das Zusammenspiel bewährter Messverfahren mit modernster Sensortechnik und intelligenten Komponenten erlaubt tiefe Einblicke in das geprüfte Material und detaillierte Auswertungen mit vielfältigen Analysen. Dafür bedarf es im Hintergrund einer komplexen Software mit neuartigen Algorithmen zur Erkennung von Schäden am Seil. Auch diese werden in dem Projekt entwickelt“, sagt Oelker.
Die Bedingungen vor Ort stellen die Projektpartner BIBA und MEB noch vor einige Herausforderungen. „Das Sensorsystem muss bei Umgebungstemperaturen zwischen minus zwanzig und plus sechzig Grad Celsius zuverlässig arbeiten und für die rauen Bedingungen zum Beispiel auf Offshore-
Trotz hoher Erfahrungswerte der Sachverständigen und obwohl diese im Zweifel sicherheitshalber eher zu früh ein Auswechseln der Drahtseile empfehlen: Eine Prognose zum Seilverhalten ist immer mit Unsicherheiten verbunden. „Um höchste Sicherheitsstandards zu gewährleisten, werden Drahtseile heute vielfach ausgetauscht, bevor optisch irgendwelche Schäden erkennbar sind oder tatsächlich welche bestehen. Die hohe Unsicherheit über die Qualität der Stahlseile treibt die Kosten in die Höhe. Besonders kostenträchtig ist es, wenn sich plötzlich Schäden zeigen und dann ungeplant Seile ausgewechselt werden müssen“, sagt Fritz Mahrholz, Geschäftsführer von MEB-
Der Prüfexperte hat früher selbst viele Jahre als Monteur „am Seil gehangen und gearbeitet“ und dabei stets auf die Expertisen der Gutachter vertraut. „Aber es geht noch sicherer“, sagt er. „Indem wir bei den Prüfungen künftig auch in die Seile hineinschauen und bei Bedarf mittels permanenter Kontrolle stets aktuelle Messwerte erhalten. So können wir noch mehr Sicherheit gewährleisten – und das bei gleichzeitiger Kostenreduktion.“
BIBA / RK