21.03.2013

Drei Körper auf neuen Bahnen

Belgrader Physiker vervielfachen die bekannten Lösungen des Dreikörperproblems.

Satelliten, Monde, Planeten, Sterne, Galaxien: Die Flugbahnen all dieser Körper gehorchen den Gesetzen der Newtonschen Mechanik. Nur in besonderen Fällen müssen Astronomen relativistische Korrekturen berücksichtigen. Aber obwohl bereits Newton selbst das Zweikörperproblem lösen konnte, verweigert sich das Dreikörperproblem jeder allgemeingültigen Lösung. Zwei Jahrhunderte lang suchten Astronomen nach einer solchen, bis Heinrich Bruns endlich zeigen konnte, dass diese Suche erfolglos bleiben musste. Ärgerlicherweise führen lediglich einzelne Lösungen mit spezifischen Anfangsbedingungen zu periodischen Bahnen.

Abb.: Die Forscher nutzten die sogenannte shape-space-Darstellung, um die Eigenschaften ihrer neu gefundenen Dreikörperbahnen zu veranschaulichen. Die Figuren: die bereits bekannte Figure-8 (a), Butterfly I (b), Moth I (c), Yarn (d), Yin-Yang I (e), gewöhnliche kartesische Darstellung von Yin-Yang II. (Bild: M. Šuvakov, V. Dmitrašinovi)

Diese Orbits sind nicht leicht zu finden. Im 18. Jahrhundert hatten Joseph-Louis Lagrange und Leonhard Euler einige Lösungen vorgelegt und damit die erste Familie periodischer Dreikörperbahnen entdeckt. Bei ihr behalten die Körper ihre Abstände und bewegen sich auf Kreisbahnen. Das bekannteste Beispiel hierfür sind Sonne, Jupiter und die Trojanischen Asteroiden, die auf der Jupiterbahn kreisen.

Erst mit der elektronischen Technologie der 1970er Jahre konnten Roger Broucke und Michel Hénon dann eine weitere, nach ihnen benannte Familie entdecken. Bei diesen Orbits bewegen sich zwei Objekte im Innern, während das dritte weiter außen seine Bahnen zieht. 1993 schließlich fand Cristopher Moore die Figure-8-Familie, die so heißt, weil die drei Körper sich auf derselben Bahn in Form einer acht folgen.

Zwei Belgrader Physiker haben nun gleich 13 neue Familien periodischer Dreikörperbahnen gefunden und damit deren Gesamtzahl auf 16 erhöht. Als Randbedingungen wählten sie, dass die drei Körper gleich schwer sein mussten, sich in einer Ebene bewegten und das Gesamtsystem keinen Drehimpuls besaß.

Die gewählte Methode war vergleichsweise simpel: Sie nahmen eine bekannte Lösung, simulierten sie auf dem Rechner und veränderten die Anfangsbedingungen so lange, bis sich erneut eine Periodizität einstellte. „Was wir taten, war das einfachste, was man tun konnte“, sagt Veljko Dmitrašinovi von der Universität Belgrad. Erstaunt waren die Forscher deshalb nicht nur über die enorme Ausbeute an neuen Figuren, sondern auch darüber, dass bislang niemand anders sie vor ihnen entdeckt hatte.

Um die Vielzahl an Figuren besser einordnen zu können, beschrieben sie diese zunächst anhand ihrer relativen Entfernungen und trugen diese „shape space“ getauften Koordinaten auf einer Kugel ab. Diese besitzt drei Punkte, die von den Körper nicht überstrichen werden dürfen, da dies einem Abstand von null und damit einer Kollision entspräche. Die Linie auf der Kugel zeigt an, wie nahe sich die Körper kommen. Wer sich einige der Lösungen auf der Homepage der Forscher in der dreidimensionalen Darstellung anschaut, kann sich vorstellen, dass eventuelle Bewohner solcher Planeten recht abwechslungsreiche Himmelsschauspiele erleben.

Auf diesen Ergebnissen aufbauend, ersannen die Wissenschaftler ein System aus vier Klassen, das auf Symmetrien und anderen Eigenschaften der Bahnen basiert. Die bislang bekannten drei Familien gehören sämtlich zur ersten Klasse. Künftige Verallgemeinerungen, die weniger strikten Randbedingungen unterliegen, könnten noch deutlich mehr interessante Bahnen zu Tage befördern.

Die große Frage ist jedoch, ob sich die neuen Orbits auch astronomisch werden nachweisen lassen. Zunächst steht für die beiden Wissenschaftler deshalb die Frage im Raum, ob sich ihre Lösungen auch langfristig stabil verhalten.

Dirk Eidemüller

PH

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