Das Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) und das Nanoelectronics Research Centre (imec) aus Belgien haben eine Tandem-Dünnschichtsolarzelle mit einem Rekordwirkungsgrad von 24,6 Prozent entwickelt. Die Tandemzelle besteht aus einer Perowskitzelle von imec und einer Solarzelle des ZSW mit einem Halbleiter aus Kupfer, Indium, Gallium und Selen (CIGS). Die Perowskitzelle entstand im Rahmen der Partnerschaft mit den belgischen Organisationen EnergyVille und Solliance.
Abb.: Aufbau eines Tandemmoduls aus Perowskit- (oben) und CIGS-Solarzellen (unten; Bild: ZSW)
Tandemsolarzellen bestehen aus unterschiedlichen, übereinander geschichteten Solarzellen. Das Konzept elektrisiert viele Forscher: Die Schichten nutzen verschiedene Bereiche des Sonnenlichtspektrums besser aus als die jeweilige Einfachsolarzelle. Dadurch weisen die Mehrfachsolarzellen einen höheren Wirkungsgrad auf. Mittlerweile stehen mehrere Varianten von Tandemzellen zur Verfügung.
Bei der belgisch-deutschen Kooperation wandelt eine Perowskitzelle das Licht im sichtbaren Teil des Sonnenspektrums in Strom um, während das Licht im Infrarot-nahen Spektrum, das die Perowskitzelle durchdringt, von einer CIGS-Solarzelle aufgefangen wird. Beide Zelltypen sind in Dünnschichttechnologie herstellbar und eignen sich besonders für flexible Hocheffizienzsolarzellen und gebäudeintegrierte Photovoltaiklösungen.
Bei der Rekord-Tandemzelle ist die Perowskitsolarzelle über der CIGS-Zelle angeordnet. Die Tandemzelle besitzt vier Anschlüsse und basiert auf einem voll skalierbaren Beschichtungskonzept. So lässt sich der Prozess industriell nutzen. Den neuen Spitzenwirkungsgrad erreichten die Wissenschaftler dank mehrerer Innovationen. Zum einen verbesserten sie die Transmission der Perowskitzelle für Licht im Infrarot-nahen Spektrum durch verbesserte transparente Elektroden. Zum anderen vergrößerten sie die Bandlücke des Perowskitmaterials auf 1,72 Elektronenvolt. Die Folge ist ein höherer Wirkungsgrad der Tandemsolarzelle.
Die CIGS-Zelle mit einer Größe von 0,5 Quadratzentimetern wurde in der Hocheffizienzanlage des ZSW unter Zuhilfenahme aller optimierten Prozesse hergestellt, die für die Fertigung von CIGS-Rekordzellen erforderlich sind. Weitere Verbesserungen dieser Technologie werden letztlich den Weg für Dünnschichtsolarzellen mit Wirkungsgraden von mehr als dreißig Prozent ebnen.
„Wir arbeiten an zwei Arten von Tandemzellen“, erklärt Tom Aernouts, Gruppenleiter im Bereich Dünnschichtphotovoltaik bei imec. „Wir kombinieren unsere hochmoderne Perowskit-Technologie mit Silizium- oder CIGS-Bottomzellen. Der Vorteil an der CIGS-Technologie ist, dass es sich hier, genau wie beim Perowskit, um eine Dünnschichttechnologie handelt und dass die Tandemzellen dadurch in einer großen Format- und Größenvielfalt produziert werden können. Das macht den Einsatz dieser Technologie in gebäudeintegrierten Photovoltaik-Anwendungen möglich. In Zukunft werden wir uns auf das Upscaling dieser Technologie auf größere Module konzentrieren. Außerdem werden wir die Entwicklung von Lösungen für Zellen mit zwei Anschlüssen aufgrund ihrer Bedeutung für die Photovoltaik-Industrie vorantreiben. Am Ende zählt vor allem, wie unsere Ergebnisse von unseren Industriepartnern angenommen und umgesetzt werden.“
„Der Rekordwirkungsgrad konnte aufgrund von zwei Faktoren erzielt werden“, so Michael Powalla, Vorstandsmitglied und Leiter des Geschäftsbereichs Photovoltaik beim ZSW. „Da ist zum einem die verbesserte Perowskit-Zelle und zum anderen einer der weltweit besten Wirkungsgrade für CIGS-Zellen. Es gibt mehrere Parameter der CIGS-Zelle, die wir für die Kombination mit der Perowskit-Zelle optimieren können. Deshalb werden wir in Zukunft voraussichtlich noch bessere Wirkungsgrade erzielen, die wiederum weitere Kosteneinsparungen ermöglichen.“ Dieser Meilenstein konnte durch die langjährige Zusammenarbeit zwischen imec, dem ZSW und dem Karlsruher Institut für Technologie (KIT) erzielt werden.
ZSW / DE