Ein Drehkreuz für Photonen
Atom-Licht-Schnittstelle lässt nur ein Photon zur Zeit passieren.
Glasfasern, durch die Laserlicht geleitet wird, sind das Rückgrat unserer modernen Informationsgesellschaft. Stellt man sich dabei das Laserlicht als Strom von Photonen vor, so sind diese völlig unabhängig voneinander und ihre genaue Ankunftszeit ist dem Zufall überlassen. Insbesondere kann es also auch vorkommen, dass zwei Photonen gleichzeitig beim Empfänger ankommen. Für viele Anwendungen ist es allerdings wünschenswert, dass immer nur ein Photon nach dem anderen registriert wird. Derart vereinzelte Photonen sind zum Bespiel eine Grundvoraussetzung für die Quantenkommunikation, mit der man fundamental abhörsicher kommunizieren kann. Bislang benötigte man als Quelle für einen solchen Strom einzelner Photonen einzelne Quantenemitter, wie zum Beispiel einzelne Atome oder Moleküle. Regt man den Quantenemitter mit Laserlicht zur Fluoreszenz an, so sendet er bei jedem Quantensprung immer genau ein Photon aus. Dabei ist es eine Herausforderung, die Photonen effizient in eine Glasfaser einzufädeln, um möglichst viele von ihnen auf die Reise zum Empfänger zu schicken.
Wissenschaftlern aus Deutschland, Dänemark und Österreich ist es jetzt erstmals gelungen, Laserlicht in Glasfasern mittels eines neuartigen Effekts direkt in einen Strom einzelner Photonen umzuwandeln. Der Vorschlag für das Experiment kam von Sahand Mahmoodian und Klemens Hammerer von der Uni Hannover und Kollegen der Uni Kopenhagen. Durchgeführt wurde es schließlich in der Arbeitsgruppe von Arno Rauschenbeutel an der Humboldt-Universität zu Berlin. Hierfür nutzten die Forscher eine leistungsfähige Atom-Licht-Schnittstelle, in der Atome in der Nähe von optischen Nanofasern gefangen und in kontrollierter Weise mit dem in der Nanofaser geführten Licht gekoppelt werden. Dabei werden die Atome mit einer Pinzette aus Laserlicht 0,2 Mikrometer von der Glasfaser-Oberfläche entfernt festgehalten. Zugleich werden sie mittels Laserlicht auf eine Temperatur von wenigen Millionstel Kelvin über dem absoluten Nullpunkt gekühlt. ´
Dieses System ermöglichte den Forschern eine präzise Kontrolle über die Anzahl der Atome entlang des Laserstrahls. Im Experiment analysierten die Forscher dann, wie häufig die Photonen einzeln oder in Paaren aus der Faser herauskamen. Wenn etwa 150 Atome an der Nanofaser gefangen waren, stellte sich heraus, dass das transmittierte Licht praktisch nur noch aus einzelnen Photonen bestand. Im Kollektiv wirkten die Atome für die Photonen also wie ein Drehkreuz. Überraschend war, dass sich der Effekt bei einer Erhöhung der Atomanzahl ins Gegenteil verkehrte: Dann ließen die Atome die Photonen bevorzugt in Paaren passieren.
Mit dieser Entdeckung eröffnet sich ein völlig neuer Weg, um leuchtstarke, faserintegrierte Einzelphotonenquellen zu realisieren. Gleichzeitig lässt sich das von den Forschern demonstrierte Prinzip auf weite Bereiche des elektromagnetischen Spektrums von Mikrowellen bis Röntgenstrahlung anwenden. Damit eröffnet sich die Möglichkeit, Einzelphotonen in Spektralbereichen zu erzeugen, für die bis jetzt keine Quellen zur Verfügung stehen. Einen Patentantrag für diesen Ansatz haben die Forscher bereits eingereicht.
LUH / RK
Weitere Infos
- Originalveröffentlichung
A. S. Prasad et al.: Correlating photons using the collective nonlinear response of atoms weakly coupled to an optical mode, Nat. Photonics, online 21. September 2020; DOI: 10.1038/s41566-020-0692-z - Theoretische Quantenoptik, Institut für theoretische Physik, Leibniz-Universität Hannover
- Grundlagen der Optik und Photonik, Institut für Physik, Humboldt-Universität zu Berlin