27.06.2025

Ein Teilchenbeschleuniger im Miniaturformat

Elektronen bilden einen stark korrelierten Zustand, in dem sie kollektiv agieren.

Ein internationales Forschungsteam hat neue Erkenntnisse darüber gewonnen, wie sich Elektronen kollektiv in winzigen Quantenbauteilen verhalten. Die Wissenschaftler erzeugten Elektronen-Tröpfchen auf einem Chip, die wie ein Nano-Teilchenbeschleuniger wirkten. Damit zeigte die Gruppe, dass Elektronen eine Art Coulomb-Flüssigkeit bilden, also einen stark korrelierten Zustand, in dem sie kollektiv agieren. Die Erkenntnisse bereiten den Weg zu neuen Entdeckungen im Bereich der Quantenmaterialien und der Simulation exotischer Materiezustände.

Abb.: Arne Ludwig an der Molekularstrahlepitaxie-Anlage der Uni Bochum, mit der...
Abb.: Arne Ludwig an der Molekularstrahlepitaxie-Anlage der Uni Bochum, mit der er das Elektronengas für die Studie erzeugte.
Quelle: Marquard, RUB

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Herzstück des Experiments war ein zweidimensionales Elektronengas, das das Team um Arne Ludwig an der Uni Bochum mit Molekularstrahlepitaxie züchtete. Diese ultrasaubere Plattform ermöglichte es Forschern des INP Grenoble, Bauteile mit rekordverdächtig geringem Rauschen herzustellen. In diesen konnten sie Elektronen eingrenzen und mit akustischen Oberflächenwellen manipulieren. Die entstehenden Tröpfchen enthalten jeweils nur eine Handvoll Elektronen. Mit Methoden aus der Hochenergiephysik beobachteten die Wissenschaftler, wie sich die Elektronen-Tröpfchen an einer Y-förmigen Verzweigung auf dem Chip aufteilten.

Das Ergebnis: Bereits bei drei bis fünf Elektronen zeigten sich deutliche Anzeichen für kollektives Verhalten. Es entstand ein stark korrelierter Zustand, in dem sich die Elektronen gemeinsam bewegen und der an die kollektiven Phasen in viel größeren Systemen erinnert. Das Team sieht darin eine Analogie zu dem Verhalten der Quark-Gluon-Materie, die in den größten Teilchenbeschleunigern der Welt erzeugt wird.

„Wir sehen einzigartige Anzeichen, dass kollektives Verhalten – das normalerweise bei Tausenden oder Millionen von Teilchen beobachtet wird – auch mit wenigen Elektronen auftritt“, erklärt das Team. „Das spiegelt die nicht komprimierbare flüssige Phase von Hadronen wider, die durch Kernkräfte gebunden sind – aber jetzt auf einem Chip und bei ultraniedrigen Energien.“

Theoretische Arbeiten von Forschern der Uni Lettland halfen dabei, die Daten zu interpretieren. Sie zeigten, dass die beobachtete Elektronen-Antibündelung als eine Form der antiferromagnetischen Ordnung verstanden werden kann. Die Forschung bringt nicht nur das Verständnis stark korrelierter Elektronensysteme und der Quantenelektronenoptik voran, sondern eröffnet auch neue Wege zur Simulation der Physik der Quark-Gluon-Materie und anderer exotischer Zustände mithilfe von chipbasierten Bauteilen.

Die Fähigkeit, kollektives Verhalten in solch kleinen Systemen zu entwickeln und zu untersuchen, könnte weitreichende Auswirkungen auf die Quantentechnologie haben. Künftig möchte das Team seine Methode weiter optimieren, um noch exotischere korrelierte Zustände zu erforschen und zu zeigen, wie Fortschritte in der Materialentwicklung, der Gerätetechnik und der Theorie zusammenkommen können, um einige der faszinierendsten Fragen der modernen Physik zu beantworten.

RUB / RK

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