Dünnschichtforschung startet in eine neue Ära
Bis Ende des Jahres soll eine voll funktionsfähige, KI-gesteuerte Molekularstrahlepitaxie-Anlage entwickelt werden.
Das Paul-Drude-Institut für Festkörperelektronik in Berlin arbeitet künftig mit dem Wissenschafts- und Technologieunternehmen Bizmuth MBE Ltd. zusammen, um intelligente Automatisierung in die Herstellung von Halbleitermaterialien zu integrieren. Die auf sechs Monate angelegte Partnerschaft, die von Juni bis Dezember 2025 läuft, zählt zu den ersten Initiativen in Europa, die Large Language Models und multimodale KI für die autonome Steuerung der Molekularstrahlepitaxie MBE einsetzen.

Die MBE ist ein bewährtes Verfahren zur Herstellung maßgeschneiderter, atomar präziser Materialschichten und findet breite Anwendung in der Halbleiter- und Quantentechnologieforschung. Der Prozess erfolgt in einer Ultrahochvakuumumgebung, in der Strahlen von Atomen oder Molekülen gezielt auf einen Wafer geleitet werden, wo sie hochpräzise Materialstrukturen Schicht für Schicht aufbauen. Obwohl die MBE seit den 1960er Jahren eine wichtige Rolle in der Materialforschung spielt, basiert das Verfahren nach wie vor stark auf manueller Steuerung. Die Prozessparameter werden dabei in Echtzeit durch erfahrene Fachkräfte angepasst.
Die Herstellung von hochqualitativem Gallium-Nitrid ist in der Halbleiterindustrie bereits erfolgreich etabliert und dient innerhalb des Projekts als Referenzsystem. GaN ist ein Schlüsselmaterial für Leistungselektronik, energieeffiziente Bauelemente, LEDs und Hochfrequenz-Kommunikationskomponenten. Die KI-Software wird zunächst am PDI auf GaN-Systemen implementiert und getestet, bevor der Einsatz auf komplexere Materialsysteme ausgeweitet wird, bei denen herkömmliche Trial-and-Error-Methoden zur Ermittlung optimaler Prozessparameter sehr zeit- und kostenintensiv sind.
Im Rahmen der Zusammenarbeit wird eine KI-basierte Steuerungssoftware für MBE-Anlagen entwickelt, die es ermöglicht, Anpassungen der Parameter während des Wachstumsprozesses in Echtzeit automatisiert vorzunehmen. Im Gegensatz zu bestehenden KI-gestützten Systemen, die lediglich Analysen liefern und Entscheidungen den Bedienern überlassen, wird diese Lösung vollständig autonom arbeiten. Die Software läuft dabei ausschließlich auf lokaler Edge-Hardware, wodurch die Datensicherheit gewährleistet und die Abhängigkeit von Cloud-Infrastrukturen vermieden wird. Ziel des Projekts ist es, die Reproduzierbarkeit, Effizienz und Skalierbarkeit der Halbleiterforschung zu verbessern und gleichzeitig Materialverluste und Stillstandzeiten zu reduzieren.
Die Zusammenarbeit hat bereits begonnen. Eine voll funktionsfähige, KI-gesteuerte MBE-Anlage soll noch vor Ende 2025 vorgestellt werden.
FVB / RK