27.10.2025

Aufgebrochen

Ein Foto-Projekt beleuchtet die Lebensläufe und Nachwirkungen von Physikerinnen und Physikern in der DDR.

Alexander Pawlak

35 Jahre nach der Wiedervereinigung Deutschlands bietet das ambitionierte Projekt „Aufgebrochen“ des Autors und Fotografen Roland Hensel aufschlussreiche Einblicke in die Zeit der DDR mit Fokus auf die Physik bzw. den Physik-Jahrgang 1969 an der Universität Jena. 

Entstanden sind 37 Porträts, die aus erster Hand nicht nur die Erfolge, Brüche und Aufbrüche in DDR, Wendezeit und wiedervereinigtem Deutschland zeigen, sondern auch dokumentieren sollen, wie ostdeutsches Know-how das wiedervereinigte Deutschland mitprägte. Nachzuvollziehen ist das sowohl in Buchform als auch in einer Fotoausstellung, die vom 25. Oktober bis 7. November in der Physikalisch-Astronomischen Fakultät der Universität Jena zu sehen ist.

Die porträtierte Jenaer Generation von Physikerinen und Physikern musste das Studium in nur vier Jahren absolvieren, um danach als Absolventen in einem staatlich vermittelten Job ihr Glück zu suchen. In den Lebensläufen erfährt man viel über die Eigenheiten des damaligen Wissenschaftssystems, über die Aktivitäten neben dem Studium und über die gesellschaftlichen und politischen Bedingungen in der DDR.

Diese „schnellsten Physikstudenten“ suchten sich nach dem Studium ihre Nischen in der DDR-Berufswelt und entwickelten unter anderem die Multispektralkamera MKF-6, den DDR-Mikroprozessor, verbesserten die Insulinproduktion oder entwickelten Hochleistungskeramiken, um nur einige Beispiele zu nennen.

Nach der Wende hangelten sich manche der porträtierten Physiker:innen von einer Weiterbildungsmaßnahme zur anderen, nur um am Ende wieder in der Statistik des Arbeitsamtes aufzutauchen. Freundschaften zerbrachen, weil Geheimnisse plötzlich öffentlich wurden.

Die meisten waren keinen Tag arbeitslos und setzten ihre Arbeit nach der Wende fort. Sie bauten auf ihrem Wissen auf und verbesserten Hochgeschwindigkeitsreifen, entwickelten ein Navigationssystem für Satelliten im Weltall und verhalfen dem James-Webb-Teleskop zu einem Blick in immer tiefere Tiefen des Weltalls. Und selbst in alltäglichen Dingen wie Flaschenverschlüssen, Airbags und der Mikrooptik von Smartphones und Autoscheinwerfern steckt ihr Wirken. Entgegen der bis heute weitverbreiteten Ansicht, dass die Transformation allein Westdeutschland zu verdanken ist, wird so deutlich, welches Know-how und Potenzial der Osten dem Westen schenkte.

Ausstellung, Website und Buch laden dazu ein, sich anhand der persönlichen Perspektive der 37 Porträts mit der Realität und Nachwirkung der DDR zu beschäftigen. Gerade Jugendliche möchte das Projekt zum Nachdenken darüber anregen, dass MINT-Fächer wie die Physik auch in Zukunft vielfältigste Berufswege öffnen.

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