08.05.2024

Eine Laser-Tauchsonde für das Monitoring von Wasseraufbereitungs-Prozessen

2D-Fluoreszenz-Messverfahren generiert direkt vor Ort spektroskopische Daten im Klärbecken.

Um Wasseraufbereitungs-Prozesse in Kläranlagen zu überwachen, setzen deren Betreiber bisher auf 24-Stunden-Mischproben. Diese werden über den Tagesverlauf kontinuierlich gesammelt und anschließend im Labor auf Summenparameter hin analysiert, so etwa die Gesamtmenge enthaltener organischer Kohlenstoffe, gelöste organische Kohlenstoffe oder die Menge an Sauerstoff, die der vollständige aerobe Abbau biologischer Inhaltsstoffe verbraucht. Angesichts der steigenden Bevölkerungsdichte in urbanen Räumen und variierender Abwasserzusammensetzungen stößt dieses 24-Stunden-Raster jedoch an Grenzen. Eine engmaschigere Kontrolle wäre nicht nur mit Blick auf die Qualität aufbereiteter Abwässer wünschenswert. Auch der Bedarf an Energie und teuren, in der Herstellung oft umweltbelastenden Betriebsstoffen ließe sich erheblich reduzieren, wenn die Betreiber im laufenden Aufbereitungsprozess nachvollziehen könnten, wie sich die Messwerte der Summenparameter verändern, um ihre Anlagen auf dieser Echtzeitdatenbasis steuern zu können.

Abb.: Die am Fraunhofer-ILT entwickelte 2D-Fluoreszenzsonde ist der zentrale...
Abb.: Die am Fraunhofer-ILT entwickelte 2D-Fluoreszenzsonde ist der zentrale Baustein für ein Inline-Wasser- und -Abwassermonitoring.
Quelle: Fraunhofer-ILT

Ein Forschungsteam des Fraunhofer-Instituts für Lasertechnik legt aktuell das technologische Fundament, um eine solche datenbasierte Wasseraufbereitung real werden zu lassen. Das Herzstück hierfür ist eine neuartige laserbasierte Tauchsonde, welche die Wasseranalytik aus dem Labor direkt in die Klärbecken verlegt. „Wir nutzen das Phänomen, dass für die Wasserqualität relevante Inhaltsstoffe bei der Anregung mit spezifischen Lichtwellenlängen fluoreszieren. Unsere Tauchsonde regt diese Fluorophore mit verschiedenen Wellenlängen zwischen dem UV- und dem sichtbaren Spektralbereich an und detektiert jeweils die emittierten Fluoreszenzsignale“, erklärt Christoph Janzen, der am Fraunhofer-ILT für die Entwicklung der 2D-Fluoreszenzsonde verantwortlich ist.

Targets der Inline-2D-Fluoreszenzanalytik sind beispielsweise die Aminosäuren Tryptophan, Tyrosin, Phenylalanin und die Gruppe der Huminsäuren. Da die Wellenlängen für ihre Anregung von 260 bis 350 Nanometern reichen, koppelt das Team die Sonde mit einer durchstimmbaren Lichtquelle. „Diese kann alle Zielstoffe mit ihren spezifischen Wellenlängen anregen. Sofern sie im Abwasser vorhanden sind, emittieren sie ihr charakteristisches längerwelliges Fluoreszenzsignal“, sagt Janzen. Mithilfe eines empfindlichen Spektrometers lässt sich für jede Anregungswellenlänge ein Fluoreszenzspektrum aufnehmen.

So entstehen 2D-Karten, welche die Anregungswellenlängen samt korrespondierender Lichtemission festhalten. Diese Anregungs-Emissions-Matrizen visualisieren die detektierten Fluoreszenzsignale und informieren die Betreiber in jedem Stadium des Aufbereitungsprozesses präzise über die organische Schmutzfracht im Abwasser. „Die 2D-Fluoreszenzmessung ermöglicht es, inline die charakteristischen Summenparameter des Abwassers direkt im Aufbereitungsprozess zu erfassen. Bisherige Verfahren können das nur offline im Labor. Kommerziell verfügbare Inline-Sonden für die Summenparameterbestimmung sind oft nur in einem begrenzten Parameterbereich zuverlässig und liefern falsche Messdaten, wenn die Abwasserzusammensetzung stark variiert“, erklärt Janzen. Um die Messungen abzusichern, sei es möglich, mit der Tauchsonde ergänzend zu den Fluoreszenzdaten auch Transmissionsspektren aufzunehmen.

Um das komplexe Inline-Messverfahren, das bisher üblicherweise offline in Laborgeräten erfolgt, in Form einer handlichen Tauchsonde zu realisieren, hat das Team auf den umfassenden Optikdesign- und Messtechnik-Kompetenzen des Fraunhofer-ILT aufgebaut. Als Strahlquelle dient im Sinne hoher Brillanz und geringer Wärmeverluste eine lasergezündete Xenon-Plasma-Lampe. Über einen Monochromator wird aus ihrem Licht die jeweils gewünschte Wellenlänge gefiltert und über eine optische Faser zur Tauchsonde geleitet. Dort kollimiert eine Linse das Licht der Quelle und fokussiert es mit einer asphärischen Optik am Messpunkt. Dieselbe Optik koppelt Fluoreszenzsignale der gesuchten Inhaltsstoffe über eine zweite Kollimationslinse in eine weitere Faser ein und überträgt sie zu einem CCD-Spektrometer. Zur Auswertung und Visualisierung der Messdaten ist eine Software im Einsatz, die das Team in einem Verbundforschungsprojekt mit Partnern aus Industrie und Forschung entwickelt hat.

Während das Forschungsteam die Sonde im von der EU geförderten Projekt „FluoMonitor“ entwickelt hat, geht es im laufenden BMBF-Förderprojekt AIX-Watch darum, die 2D Fluoreszenz-Messmethodik weiterzuentwickeln und unter Realbedingungen zu erproben. „Das mittelfristige Ziel ist es, die Steuerung und Regelung von Kläranlagen auf Basis der fortlaufenden Inline-Messungen zu optimieren“, sagt Janzen. Betreiber müssen kontrollieren und dokumentieren, dass ihre Anlage die Grenzwerte für Summenparameter einhält. Diese erfasst das neuartige 2D-Fluoreszenzverfahren zwar nicht direkt, doch korrelieren die erfassten Amino- und Huminsäuren mit den Summenparametern.

„Es gibt bereits mathematische Modelle, die aus diesen Korrelationen auf die Werte der Summenparameter schließen. Wenn diese Modelle fortlaufend erhobene Inline-Messdaten verarbeiten, die unsere Tauchsonden liefern, wird die Analysegenauigkeit perspektivisch immer weiter zunehmen“, sagt Janzen. Betreiber bekämen so Inline-Zugriff auf den Status ihrer Wasseraufbereitungsprozesse und könnten die Betriebsstrategien entsprechend anpassen.

Damit würde die laserbasierte Tauchsonde zur Basistechnologie für eine smarte Wasseraufbereitung. Im Zusammenspiel von Inline-Sensorik und künstlicher Intelligenz wäre es trotz schwankender Abwasser-Zusammensetzungen möglich, Energie und aufwändig herzustellende Betriebsstoffe wie Ozon nur in dem Maß einzusetzen, wie es zum Einhalten der gesetzlichen Grenzwerte tatsächlich notwendig ist. „Da wir uns hier im Bereich mathematischer Modelle bewegen, bedarf es noch der Absicherung durch herkömmliche Offline-Analysen“, betont Janzen. Doch die lernenden Modelle seien ein vielversprechender Ansatz für eine adaptive Abwasseraufbereitung, die sich auf Inline-Messungen stützt und am Ist-Zustand des Wassers und seiner aktuellen Zusammensetzung ihre Betriebsstrategien orientiert.

Um das Verfahren auf einen flächendeckenden Einsatz vorzubereiten, treibt das Team am Fraunhofer-ILT parallel die Weiterentwicklung der Sonde voran. Ein Ansatz dafür ist es laut Janzen, anstelle der durchstimmbaren Xenon-Plasma-Lichtquelle kostengünstigere LEDs einzusetzen. Denn im Zusammenhang mit Datamining und KI komme es vor allem darauf an, die Datenbasis schnell auszuweiten. Kostengünstigere Tauchsonden sind ein Weg, um diesem Ziel näher zu kommen.

Fh.-ILT / RK

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