01.11.2016

Eine Ratsche in der Bakterien-Membran

Bakterien ziehen DNA mit Hilfe einer Translokationsratsche in ihre Zelle.

Obwohl Bakterien sich asexuell fortpflanzen, können sie auch Erbgut untereinander austauschen. Der sogenannte horizontale Gentransfer stellt ein großes Problem bei der Resistenz­entwicklung von Bakterien dar. Mit ihm können resistente Bakterien ihre Fähigkeit, Antibiotika zu überleben, an andere Bakterien weitergeben. Kölner Forschern ist es gelungen, einen Teil des Mechanismus aufzuklären, der den Gen-Transfer zwischen Bakterien erst möglich macht. Sie entdeckten einen molekularen Motor, der wie eine Ratsche funktioniert und erstaunlich hohe Kräfte entwickelt. Die Forschungen wurden von Christof Hepp, einem Doktoranden der Forscher­gruppe von Berenike Maier vom Institut für Theoretische Physik der Universität zu Köln, geleitet.

Abb.: Die Translokationsratsche in der Zellmembran von Bakterien (Bild: C. Hepp & B. Maier)

Die einfachste Art des horizontalen Gentransfers ist die Transformation. Dabei nehmen Bakterien DNA aus ihrer Umgebung auf und integrieren sie ganz oder teilweise in ihr eigenes Erbgut. So kann beispielsweise ein Gen, das Resistenz gegen ein Anti­biotikum vermittelt, auf ein Bakterium übertragen und von diesem genutzt werden.

Der erste Schritt dieses Gentransfers ist der Transport der DNA durch die Zellhülle des Bakteriums. Grundsätzlich besteht die Möglichkeit, dass Biomoleküle passiv durch Poren ins Zellinnere gelangen. Dieser Prozess wird durch thermische Bewegung ermöglicht, die durch ungeordnete Stöße von Molekülen in der Umgebung der DNA erzeugt wird. Allerdings handelt es sich bei der aufgenommenen DNA um ein sehr langes Molekül, das die Länge des Bakteriums um ein Vielfaches über­treffen kann. Ein zufälliger Prozess wie die thermische Bewegung würde dazu führen, dass sich die DNA in der Pore hin und her bewegt, ohne voran­zukommen. Um den Transport dennoch zu ermöglichen, benötigt das Bakterium einen Motor.

Wie funktioniert dieser Antrieb? Christof Hepp kann den Mechanismus des Motors nun erklären. Mit Methoden der Nano­technologie gelang es ihm, die Aufnahme einzelner DNA-Moleküle in Abhängigkeit von einer angelegten Gegenkraft zu beobachten. Das Ergebnis dieser Messungen stimmt erstaunlich gut mit dem schon seit langem theoretisch vorhergesagten Mechanismus einer Translokations­ratsche überein: Die bereits beschriebene thermische Bewegung der DNA erfolgt hauptsächlich in eine Richtung, nämlich in die Zelle hinein.

Auf der Innenseite binden nun Proteine, die die Bewegung der DNA aus der Zelle heraus blockieren. So wird die Hin- und Her-Bewegung der DNA in ihrer Pore umgewandelt in eine stetige Vorwärts­bewegung, ähnlich wie bei der Ratsche eines Spanngurts. Die Forscher zeigten, dass der DNA-Aufnahme-Motor erstaunlich hohe Kräfte erzeugt und liefern somit erstmals einen sehr klaren experimentellen Hinweis für die Existenz dieses Mechanismus im molekularen Maßstab.

Nach diesem ersten Transportschritt der DNA muss in vielen Bakterien noch ein weiterer erfolgen, da sie über eine zweite Zellmembran verfügen, die von der DNA ebenfalls überwunden werden muss. Der Vergleich mit früheren Arbeiten weist darauf hin, dass ein noch stärkerer Motor für diesen zweiten Schritt verantwortlich ist. Der Mechanismus dieses zweiten Motors wird Gegenstand zukünftiger Forschung sein.

U. Köln / DE

Veranstaltung

Spektral vernetzt zur Quantum Photonics in Erfurt

Spektral vernetzt zur Quantum Photonics in Erfurt

Die neue Kongressmesse für Quanten- und Photonik-Technologien bringt vom 13. bis 14. Mai 2025 internationale Spitzenforschung, Industrieakteure und Entscheidungsträger in der Messe Erfurt zusammen

Content-Ad

Park FX200 | Das fortschrittlichste AFM für 200-mm-Proben

Park FX200 | Das fortschrittlichste AFM für 200-mm-Proben

Das Park FX200 ist ideal für Forschung und Industrie zur automatisierten Messung von bis zu 200mm großen Proben und bietet bedeutende Fortschritte in der AFM-Technologie

Meist gelesen

Photo
08.11.2024 • NachrichtForschung

Musik als Zeitreihe

Analyse von musikalischen Tonhöhensequenzen ergibt interessante Unterschiede zwischen verschiedenen Komponisten und Musikstilen.

Themen