13.08.2015

Elektronen-Ping-Pong an Nanokugeln

Wechselwirkung von Licht und Glas-Nanokugeln erlaubt kontrollierte Emission von Elektronen.

Die Beziehung zwischen starken Laserpulsen und Glas-Nanoteilchen ist eine ganz spezielle. Sie könnte medizinische Methoden verändern, wie Wissenschaftler nun herausfanden. Dieses Zusammen­spiel aus Licht und Materie untersuchte ein Team von Physikern und Chemikern aus dem Labor für Atto­sekunden­physik (LAP) am Max-Planck-Institut für Quantenoptik (MPQ) und der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU), dem Institut für Physik der Universität Rostock und der Freien Universität Berlin. Die Forscher ließen starke Laserpulse mit Nanoglaskügelchen, die aus mehreren Millionen Atomen bestehen, interagieren. Je nachdem, wie viele Atome in den Nanokügelchen zusammengefasst waren, reagierten die Objekte unterschiedlich, und zwar innerhalb von Attosekunden. In Abhängigkeit ihrer Größe entstehen an der Oberfläche der Glaskügelchen sogenannte Nahfelder, mit denen sich Elektronen kontrolliert in verschiedene Richtungen aussenden ließen. Die Ergebnisse könnten langfristig die Methoden bei der Bildgebung in der Medizin und bei der Krebs­bekämpfung erweitern.

Abb.: Gerichtete Elektronenbeschleunigung an Glas-Nanokugeln. Ein Femtosekunden-Laserpuls (von links) trifft auf ein Glas-Nanokügelchen. Das Licht schlägt Elektronen (grün) aus dem Atomverbund. (Bild: M. Dulovits, woogieworks)

Wenn starke Lichtpulse auf Nanoteilchen treffen, dann bleibt in den Atomverbünden nichts, wie es war. Sobald die Atome das elektromagnetische Feld des Lichts spüren, fangen deren Elektronen an zu schwingen und an der Oberfläche der Kügelchen bilden sich Nahfelder aus mit Abmessungen im Nanometerbereich.

Die LAP-Physiker um Matthias Kling untersuchten Nano­glas­kügelchen aus Siliziumdioxid mit Durchmessern zwischen 50 und 550 Nanometern, die die Gruppe um Eckart Rühl an der Freien Universität Berlin chemisch hergestellt hatte. Auf die Atomverbünde ließen die Wissenschaftler starke, rund vier Femtosekunden lange Laserpulse treffen. Sobald die Wellen des elektro­magnetischen Lichtfelds die Nanokugeln erfasst hatten, bildeten sich an deren Oberfläche die Nahfelder aus und begannen zu pulsieren. Je größer die vom Licht getroffenen Kügelchen in dem Experiment im Vergleich zu der eingesetzten Laserwellenlänge von 720 Nanometer waren, desto weiter wanderten die Nahfelder von der Polgegend in Richtung der Rückseite der Teilchen und wirken dabei als Elektronenkatapult.

Das konnten die Forscher beobachten, indem sie während des Durchgangs des Laserpulses mit Teilchendetektoren die Flugbahnen von Elektronen aufzeichneten, die genau inmitten der Nahfelder von den Nanokügelchen ausgesandt wurden. „Die Energie und Richtung der emittierten Elektronen ist in diesem Fall eng verknüpft mit der räumlichen und zeitlichen Struktur der Nahfelder. Die Emission von Elektronen selbst ist eine Art Ping-Pong-Spiel an der Oberfläche der Nanokügelchen, das sich mit einer Genauigkeit im Atto­sekunden­bereich steuern lässt.“, erläutert Thomas Fennel von der Universität Rostock. Er führte mit seinem Team Simulationsrechnungen durch, die die mikroskopischen Vorgänge und deren Ablauf aufdecken konnten. „Die Elektronen verlassen zunächst die Kugeln, werden dann aber wieder in Richtung der Oberfläche zurückgezogen. Dort prallen sie ab und erhalten aus dem Nahfeld einen finalen, starken Impuls, der sie dann endgültig aus dem Nanoteilchen herauslöst“, ergänzt Kling.

Da man mit dieser Technik die Richtung der Aussendung von Teilchen über Laserlicht kontrollieren kann, wäre hierfür eine medizinische Anwendung als Langzeitperspektive denkbar, meinen die Wissenschaftler. „Mit der gerichteten Elektronenbewegung könnte man stark gerichtete Röntgen­strahlung für die Bildgebung produzieren.“, erläutert Rühl. Verwendet man genügend starke Laserpulse, wäre es auch denkbar, Ionen aus dem Nanoverbund zu lösen und damit stark gerichtete Ionenstrahlung zur Bekämpfung von Tumoren zu erhalten. Ferner könnte sich herausstellen, dass die Technik neue Perspektiven zur Material­verarbeitung jenseits des Beugungslimits eröffnet – etwa um Nanometer große Bereiche von einer Oberfläche abzutragen.

Es ist nach Einschätzung der Wissenschaftler zudem denkbar, dass die Kombination aus starken Lichtpulsen und Nanoteilchen zu einem wichtigen Baustein für die Elektronik der Zukunft werden könnte. Mit der sogenannten lichtwellen­gesteuerten Elektronik wäre man in der Lage, Daten­übertragung und Speicherung mit der Frequenz von Lichtwellen zu betreiben. Das wäre in etwa 100.000 Mal schneller als es gegenwärtig möglich ist.

U. Rostock / DE

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