Elektronenspins an Halbleiteroberfläche getrennt
Physiker der Universität Würzburg beschreiben erstmals die Spin-Architektur einer ultradünnen Metallschicht auf einem Halbleiter – einen weiterer Schritt hin zu extrem leistungsfähigen Computern.
Deutlich schnellere Computer wären möglich, wenn sich der Spin der Elektronen bei der Datenverarbeitung als Informationsträger nutzen ließe. Um den Spin für die Elektronik nutzen zu können, also um eine „Spintronik“ zu realisieren, müsste es gelingen, die in einem Halbleiterchip fließenden Elektronen nach ihrem Spin-Zustand zu ordnen, sie also gleich auszurichten. Diese Formation müssten die elementaren Magnetnadeln dann beibehalten, wenn sie als Spinströme auf die Reise durch das elektronische Bauteil geschickt werden.
Abb.: Würzburger Physiker haben die Spin-Architektur einer Halbleiteroberfläche bestimmt. Dazu lösten sie die Elektronen durch Lichtanregung aus dem Material heraus, so dass ihre Spin-Orientierung vermessen werden konnte. (Bild: P. Höpfner)
Zwar kann man die Spins durch Magnetfelder beeinflussen. Doch für Bauteilanwendungen wäre das vollkommen unpraktikabel. Daher wenden die Festkörperphysiker einen ausgeklügelten Trick an: Auf einen halbleitenden Festkörper wird eine ultradünne Metallschicht aufgedampft, die nur eine Atomlage dick ist. Darin sortieren sich die Elektronen von ganz allein in zwei Gruppen mit entgegengesetzter Spinorientierung. Dieser Effekt fällt umso stärker aus, je schwerer die verwendeten Metallatome sind. „Diese automatische Spin-Trennung wollten wir in einem modellhaften Experiment erzeugen und genauer untersuchen“, sagt Ralph Claessen, Physikprofessor in Würzburg. Als besonders schweres Metall wählten die Forscher Gold, das sie hauchfein auf ein Halbleiterplättchen aus Germanium aufdampften.
Die experimentellen Befunde zum Spin-Muster entsprechen sehr genau den Vorhersagen, welche die Theoretischen Physiker um Werner Hanke entwickelt haben. Experimentell nachgewiesen wird das Spin-Muster durch Photoemission. Diese Messungen wurden am Paul-Scherrer-Institut in der Schweiz durchgeführt. Die Halbleiteroberfläche mit der Goldschicht wird dabei mit dem besonders intensiven Röntgenlicht eines Synchrotrons bestrahlt. Dadurch lösen sich Elektronen und fliegen – in Abhängigkeit von ihrem Spin – unter verschiedenen Winkeln aus der Probe heraus wo Detektoren sie nachweisen.
„Wir haben eine starke Aufspaltung der Spins in zwei Gruppen mit entgegengesetzter Orientierung sowie ein spezielles Spin-Muster gefunden“, so Jörg Schäfer, der ebenfalls am dem Experiment beteiligt war. Demnach zeigen alle Spins entweder aus der Oberfläche heraus oder in sie hinein. „Der Verdienst dieser Zusammenarbeit zwischen Theorie und Experiment ist es, erstmals das dreidimensionale Spin-Muster aufgeklärt zu haben“, sagt Ralph Claessen. Die Ergebnisse zeigen vor allem deutlich, dass die Trennung der Leitungselektronen nach ihrem Spin gut funktioniert. Damit lassen sie sich separat auf die Reise durch ein Metall schicken. Für die Spintronik ist das neues und wichtiges Grundlagenwissen.
U. Würzburg / PH