Elektronische Reibung beeinflusst Wasserstoff-Diffusion
Gedächtnisreibung wirkt sich auf quantenmechanische Atombewegungen auf Metallen aus.
George Trenins und Mariana Rossi von der Lise-Meitner-Gruppe am Max-Planck-Institut für Struktur und Dynamik der Materie MPSD in Hamburg haben ein effizientes Verfahren entwickelt, um die Auswirkungen der elektronischen Reibung auf die Bewegung von Quantenatomen an metallischen Grenzflächen zu simulieren. Indem sie diese Technik auf Wasserstoffatome auf Kupfer anwenden, erklären sie den physikalischen Ursprung der experimentell beobachteten Diffusionsraten und bieten damit neue Erkenntnisse, die sich auf die heterogene Katalyse und die Energiespeicherung auswirken.

Die Fähigkeit, Diffusion zu simulieren und vorherzusagen, ist von entscheidender Bedeutung für das Verständnis von Materialabbau, chemischen Selektivität und der Optimierung der Bedingungen katalytischer Reaktionen. Zentral ist dabei eine korrekte Beschreibung der atomaren Bestandteile. Die Massendifferenz zum Atomkern ermöglicht es Elektronen, sich schnell an Veränderungen der Kernpositionen anzupassen, was in vielen Fällen eine vereinfachte adiabatische Beschreibung der Atombewegung erlaubt. Diese Näherung ist oft sehr gut, doch in bestimmten Fällen beeinflusst die Kernbewegung die Elektronen so stark, dass diese Vereinfachung nicht mehr ausreicht. Dann muss die Kopplung zwischen Elektronen- und Kerndynamik berücksichtigt werden – also nicht-adiabatische Effekte.
Ein solcher nicht-adiabatischer Effekt, der für Metalle besonders relevant ist, ist unter dem Begriff elektronische Reibung bekannt. Sie beeinflusst die Wahrscheinlichkeit, mit der Atome und Moleküle an Metalloberflächen haften bleiben, die Rate, mit der sie über Vibrationen Energie verlieren, und die Geschwindigkeit ihrer Diffusion auf Metalloberflächen. Wären Atomkerne klassische Teilchen, könnte man sich dieses Phänomen als eine Art Widerstand vorstellen, den die Elektronen auf die sich bewegenden Kerne ausüben.
Atomkerne sind jedoch schwierig zu simulieren. Anders als klassische Teilchen besitzen sie eine Nullpunktsenergie, die es ihnen erleichtert, einem Energiepotential zu entkommen. Außerdem können sie durch den Tunneleffekt Barrieren durchdringen, auch wenn ihnen dazu eigentlich die nötige Energie fehlt. Solche Effekte verändern chemische Reaktionsraten um mehrere Größenordnungen und müssen in Simulationen berücksichtigt werden, um zuverlässige physikalische Einsichten zu gewinnen. In ihrer aktuellen Arbeit ist es George Trenins und Mariana Rossi gelungen, elektronische Reibung mit einer praktikablen Methode zur Simulation quantenmechanischer Kerneffekte zu kombinieren – basierend auf der Pfadintegral-Formulierung der Quantenmechanik.
Ihre Methode erlaubt die Beschreibung von Reibungskräften, die nicht nur vom aktuellen Zustand der Atome, sondern auch von deren Vergangenheit abhängen. Diese Eigenschaft, bekannt als „Gedächtnis“, kombiniert mit den Effekten der Nullpunktsenergie, ermöglichte es den Forschenden, die unerwartete Übereinstimmung früherer klassischer Simulationen mit den Experimenten zu erklären. „Unser Ansatz zielt darauf ab, die richtige Antwort aus dem richtigen Grund zu erhalten“, sagt Trenins. „Indem wir das Zusammenspiel von quantenmechanischen Kernen und elektronischer Reibung erfassen, gewinnen wir tiefere Einblicke in den Energieaustausch an leitenden Oberflächen – und können zur Entwicklung neuartiger heterogener Katalysatoren beitragen, wie etwa Ein-Atom-Legierungen oder zweidimensionalen Materialien.“ Mariana Rossi ergänzt: „Es ist wirklich spannend, eine Methode zu haben, die auf komplexere Systeme in voller Dimensionalität angewendet werden kann. So können wir diese Effekte in Systemen untersuchen, die bisher nicht für solche Simulationen zugänglich waren.“
MPSD / JOL
Weitere Infos
- Originalveröffentlichungen
G. Trenins & M. Rossi: Non-Markovian Effects in Quantum Rate Calculations of Hydrogen Diffusion with Electronic Friction, Phys. Rev. Lett. 134, 226201 (2025); DOI: 10.1103/PhysRevLett.134.226201 - Simulationen aus Ab-initio-Methoden, Max-Planck-Institut für Struktur und Dynamik der Materie, Hamburg