Empfindliche Quantensysteme stabilisieren
Methode zur Stabilisierung mit Laserpulsen bringt Quantentechnologien voran.
Der Quantenphysik liegt ein Prinzip zugrunde, das für Nicht-Physiker schwer nachzuvollziehen ist: Ein Teilchen, zum Beispiel ein Photon oder ein Atom, befindet sich nicht in einem eindeutigen Zustand, sondern kann zu einem bestimmten Zeitpunkt zwei Zustände zugleich einnehmen. Auf die Computertechnologie übertragen bedeutet das zum Beispiel, dass die Bits, aus denen eine Information auf einem normalen Computer besteht, die Zustände 1 oder 0 haben können, auf einem Quantencomputer hingegen die Zustände 1 und 0 gleichzeitig, in jeder beliebigen Kombination. Ein Quantencomputer kann in derselben Zeit, in der ein herkömmlicher 32-Bit-Rechner einen seiner 232 möglichen Zustände verarbeitet, parallel alle diese Zustände verarbeiten.
Eschner, Morigi und ihr Kollege Christoph Becher im Quantenphysik-Labor der Saar-Uni. (Bild: I. Maurer)
Den Zustand eines Systems solcher Teilchen ist verschränkt. Das Quantensystem hat dabei eine wichtige Eigenschaft: Untersucht man den Zustand eines Teilchens im System, kennt man automatisch den Zustand des gesamten Systems. Die Teilchen in diesem verschränkten Zustand zu halten, ist allerdings sehr schwierig und eine der größten Herausforderungen für die zeitgenössische Physik. Bereits winzigste äußere Einflüsse können das Quantensystem zerstören, und die vorteilhaften Eigenschaften sind dahin.
„Methoden zur robusten Erzeugung solcher Zustände sind also sehr gesucht. Dies ist vergleichbar mit einer Konstruktionsvorschrift für ein Leichtbauboot, welches auch bei schwerem Sturm ruhig seinen Kurs hält”, erklärt Giovanna Morigi. Gemeinsam mit ihrem Kollegen Jürgen Eschner, dem Physik-Nobelpreisträger David Wineland vom National Institute of Standards and Technology in Boulder, Colorado, und weiteren Physikern beschreiben sie nun ein System aus vier Atomen, das in einen verschränkten Zustand übergeht und stabil dort bleibt.
Die Forscher schlagen vor, das Quantensystem mit einer gezielten Sequenz von Laser-Impulsen energetisch anzuregen. Das alleine würde aber nicht reichen, um die Verschränkung stabil zu halten. „Gleichzeitig wird das System mit einem weiteren Laser gekühlt“, ergänzt Eschner, der mit Morigi ein Forschungssemester bei Wineland verbracht hat. Der besondere Clou der Methode besteht darin, dass die Laserkühlung, welche normalerweise die Verschränkung zunichte macht, hier im Zusammenwirken mit den Pulsen den umgekehrten Effekt entwickelt, diese zu stabilisieren.
Die Erkenntnisse, die das internationale Forscherteam gewonnen hat, sind wichtige Grundlagen für weiterführende Forschungen: Die Gruppe von Wineland entwickelt Atomuhren, die Quantentechnologien wie eben die Verschränkung mehrerer Atome zur präziseren Zeitmessung ausnutzen. Die Gruppen von Morigi und Eschner arbeiten an Techniken zur Quantenkommunikation, welche auf der Verschränkung zwischen Atomen und Photonen beruhen.
UdS / SK