Erdbeben mit Glasfasern vermessen
Neue Methode taugt für engmaschige Erdbeben- und Tsunami-Frühwarnsysteme.
Ein dichtes Netz von Erdbebenmessstationen ist in reichen Ländern eine Selbstverständlichkeit. In weniger entwickelten Ländern und auf dem Grund der Weltmeere ist das nicht der Fall. Während in ärmeren Weltgegenden das Geld für die nötige Anzahl an Sensoren fehlt, müssen in den Ozeanen aufwändige Systeme installiert werden, um die minimalen Druckänderungen in Tausenden von Metern Tiefe zuverlässig zu messen und die Datensignale an die Meeresoberfläche zu bringen. Forschende vom Institut für Geophysik der ETH Zürich haben jetzt in Zusammenarbeit mit dem Eidgenössischen Institut für Metrologie Metas eine verblüffende und kostengünstige Methode gefunden, mit der genaue Erdbebenmessungen auch am Ozeanboden und in weniger entwickelten Ländern möglich werden.
„Wir nutzen eine Funktion der bestehenden Glasfaserinfrastruktur und gewinnen die Erschütterungsdaten aus der aktiven Rauschunterdrückung, die in der optischen Datenkommunikation die Genauigkeit der Signale erhöht“, erklärt Andreas Fichtner. Die Daten der aktiven Rauschunterdrückung müssen dabei lediglich gespeichert und ausgewertet werden. Dazu sind weder zusätzliche Geräte noch teure Infrastruktur nötig.
Im Active Phase Noise Cancellation (PNC) eines optischen Datenkommunikationssystems wird der „Umgebungslärm“ in der Glasfaser durch den Vergleich des ursprünglich gesendeten Signals mit einem Teilsignal, das vom Empfänger reflektiert wird, bestimmt. Die Differenz zwischen den beiden Signalen zeigt dann die Störungen an, denen das Lichtsignal auf seinem Weg durch die Glasfaser ausgesetzt war. Genau wie bei der Rauschunterdrückung in Kopfhörern können diese Störungen durch ein entsprechendes Gegensignal ausgelöscht werden.
Der „Lärm“ in der optischen Datenübertragung entsteht durch mikrometergroße Verformungen der Fasern. Sie sind die Folge von Deformationen der Erdoberfläche aufgrund von Erdbeben, Wasserwellen, Luftdruckdifferenzen und von menschlichen Aktivitäten. Dabei verkürzt oder verlängert jede Deformation die Faser geringfügig. Dies wiederum führt zu einem photoelastischen Effekt, der die Lichtgeschwindigkeit in der Faser minimal schwanken lässt. Sowohl die Veränderungen der Faserlänge als auch die Schwankungen der Lichtgeschwindigkeit verändern die Frequenz des Lichtsignals um einen winzigen Faktor. Dieses Phänomen ist schon seit einigen Jahren bekannt und wurde bisher bereits mit speziellen Messinstrumenten zur Messung von Erschütterungen genutzt.
ETHZ / JOL