08.04.2015

Erfolgsfaktor Oberfläche

Fraunhofer präsentiert anwendungsreife Ergebnisse auf der Hannover Messe.

Als Querschnittstechnologie ist die Schicht- und Oberflächentechnik in einer Vielzahl von Branchen ein entscheidender Ansatzpunkt für Innovationen. Durch Beschichtung und Modifikation der Oberflächen unterschiedlichster Materialien lassen sich Produkte nicht nur verbessern, sondern erhalten oft auch erst ihre Funktionalität. Fraunhofer arbeitet mit mehr als 20 Instituten im Bereich der Schicht- und Oberflächentechnik. Dort befassen sich die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit unterschiedlichen Aspekten der Schicht- und Prozessentwicklung sowie mit einem breiten Spektrum an Technologien über Simulation, Schichtcharakterisierung und Qualitätssicherung.

Abb.: Die Leitmesse SurfaceTechnology bietet auch in diesem Frühling Einblicke in die Möglichkeiten moderner Oberflächentechnologie. (Bild: Deutsche Messe)

Auf der diesjährigen Hannover Messe präsentieren Fraunhofer-Wissenschaftler vom 13. – 17. April am Gemeinschaftsstand D26 in Halle 3 Praxisbeispiele und innovative Ansätze für eine Vielzahl von Anwendungen. Schwerpunkte sind Reibungsminderung und Verschleißschutz, Wärmedämmung und Antihaftbeschichtungen auf Bauteilen und Werkzeugen, multifunktionale Nanobeschichtungen von Metallbändern, Dünnschichtsensorik und Mikrostrukturierung sowie die Funktionalisierung von Oberflächen und Beschichtung von Partikeln mit Atmosphärendruckplasmen.

Wärmedämmung und Oxidationsschutz
Wärmedämmschichten sind überall dort bedeutend, wo große Temperaturunterschiede in Bauteilen auftreten. Das Fraunhofer ICT hat ein Mehrzweck-Hochtemperatur-Beschichtungssystem auf Slurry-Basis entwickelt, das aus einer äußeren Deckschicht aus miteinander verbundenen hohlen Aluminiumoxidkugeln und einer darunter liegenden metallischen Diffusionsschicht besteht. Die äußere Deckschicht wirkt wärmedämmend und die Diffusionsschicht bietet Oxidations- und Korrosionsschutz. Diese neuartige Beschichtung kann für viele Anwendungen genutzt werden, wie etwa im Turbinensektor, in Verbrennungsanlagen oder in Reaktoren der (petro-) chemischen Industrie.

Anti-Eis-Effekt und Reibungsminderung durch Plasma
Am Fraunhofer IGB wurde eine Plasma-Beschichtung entwickelt, die durch mikro- und nanostrukturierte Oberflächen das Benetzungsverhalten gegenüber Schmierstoffen, Wasser und Reinigungsmitteln gezielt verändert und so Reibung, Verschleiß und Korrosion z. B. in Wälz- und Kugellagern beträchtlich vermindert. Ferner können wasserabweisende mikro- und nanostrukturierte Schichten auf stoß- und schlagfeste Kunststofffolien aufgebracht werden.

Abb.: Unter anderem können auch Windkraftanlagen im Winter von den neuen Anti-Eis-Schichten profitieren. (Bild: Fh-IGB)

Die Anti-Eis-Schicht reduziert die Eishaftung um mehr als 90 Prozent. Die selbstklebende Folie kann großflächig auf eine Vielzahl von Materialien aufgebracht werden und kann verschiedensten Einsatzgebieten zur Verfügung stehen.  Außer auf Flugzeugflügeln können Sie beispielsweise auch auf Windenergieanlagen, die aufgrund von Vereisung im Winter stehen bleiben oder unwuchtig laufen, auf Solarpaneelen, auf Strom-Freileitungen, auf Gebäudeteile, auf Textilien oder Sportgeräte aufgebracht werden. Eine einfach zu applizierende und jederzeit austauschbare Anwendung könnte sich ebenfalls auch auf Kühlaggregaten oder in Kühlschränken anbieten.

Kosten sparen mit Antifouling-Schichten
Kalkablagerungen in Wasserkocher und Kaffeemaschine oder Wasserflecken auf Armaturen, im Haushalt sind diese Probleme jedoch noch beherrschbar. Bei industriellen Anlagen hingegen sieht das etwas anders aus: Gerade in der Großproduktion mit flüssigen Medien führt das sogenannte »Fouling« oft zu aufwändigen Reinigungszyklen und damit zu langen Maschinenstillstandzeiten. Beispielsweise wird die Anlage bei der Pasteurisierung von Milch bereits nach einem Arbeitszyklus wieder gestoppt und gereinigt, weil z. B. Milchproteine in Rohren, Kesseln oder Wärmetauschern der verwendeten Apparaturen Ablagerungen bilden. Ein weiterer Nachteil der Verschmutzungen durch Kristallisation, Korrosion oder chemische und biologische Reaktionen ist ein deutlich erhöhter Energieverbrauch während des Produktionszyklus.

Abb.: Wassertropfen auf einer Stahloberfläche mit Antifouling-Beschichtung.(Bild: Fh-IST)

Am Fraunhofer-Institut für Schicht- und Oberflächentechnik IST wurden oberflächentechnische Lösungen und Beschichtungen für verschiedene Applikationsbereiche entwickelt, mit denen sich solche Fouling-Effekte drastisch reduzieren lassen. Das Besondere: Die Schichten können maßgeschneidert für die jeweiligen Anforderungen gefertigt werden, was gerade in der Chemie-, Pharma- und Lebensmittelindustrie zu verbesserter Produktivität und signifikanten Kostensenkungen führen kann.

Kombinierte Verschleißschutz- und Antihaft-Schichten
Verschmutzungen, Verklebungen, Ablagerungen oder auch Bio-Filme stellen ein großes Problem bei der Verarbeitung von Lebensmitteln oder pharmazeutischen Produkten dar. Derart belastete Oberflächen müssen neben guten Antihaft-Eigenschaften auch eine hohe Verschleißbeständigkeit aufweisen um eine ausreichende Lebensdauer zu garantieren. Vor allem modifizierte diamantähnliche Kohlenstoffschichten (Diamond like Caron DLC), wie beispielsweise die am Fraunhofer IST entwickelte SICON®-Schicht, eine mit Silizium und Sauerstoff modifizierte DLC-Schicht, erweisen sich als besonders geeignet. Solche SICON®-Schichten haben ähnlich gute Antihafteigenschaften wie das allgemein bekanntere Teflon®, weisen jedoch eine deutlich höhere Verschleißfestigkeit und Temperaturbeständigkeit auf.

Abb.: Am Fraunhofer IST beschichtete industrielle Messer. (Bild: Fh-IST)

Ein konkretes Anwendungsbeispiel für eine solche Kombination von Verschleißschutz- und Antihaft-Schichten sind (industrielle) Messer. In der gewerblichen und besonders in der industriellen Verarbeitung spielt neben der Antihaft-Thematik die Verschleißfestigkeit der Messer eine große Rolle, da nicht nur Reinigungsprozesse sondern auch Werkzeugwechsel Produktionsstillstände bedeuten.

Wirkungsvoll und effizient: Partikel-Plasmabeschichtung
Mikro- und Nanopartikel sind aufgrund ihrer großen spezifischen Oberfläche die Basis vieler innovativer Anwendungen. Ein Beispiel dafür ist das am Anwendungszentrum für Plasma und Photonik des Fraunhofer IST eingesetzte atmosphärische Plasmasprühen, bei dem kleinste Partikel effektiv mithilfe von Plasma angeschmolzen werden. Der Gasfluss des Plasmas sorgt dafür, dass die Partikel zur Beschichtungsfläche getrieben werden. Mit diesem Verfahren können auch hitzeempfindliche Substrate wie dünnes Glas, Folien oder Papier, mit etwa hochfestem Edelstahl oder Titan, homogen beschichtet oder elektrisch leitfähig gemacht werden. Möglich wird das, da die Temperatur des Plasmas bereits nach kurzer Wegstrecke stark sinkt.

FhG / LK

EnergyViews

EnergyViews
Dossier

EnergyViews

Die neuesten Meldungen zu Energieforschung und -technologie von pro-physik.de und Physik in unserer Zeit.

ContentAd

Kleinste auf dem Markt erhältliche Hochleistungs-Turbopumpe

Kleinste auf dem Markt erhältliche Hochleistungs-Turbopumpe

Die HiPace 10 Neo ist ein effizienter, kompakter Allrounder für den Prüfalltag, der geräuscharm und besonders energieeffizient ist.

Meist gelesen

Themen