Erfurt wird Knotenpunkt für Quantenkommunikation
Startschuss für weiteren Streckenausbau quantengesicherter Faserverbindungen.
Mit verschiedenen Projekten treiben Land, Bund und die Europäische Union den Ausbau eines Netzwerks zur Quantenkommunikation in Deutschland voran. Bereits bestehende Teststrecken zur Erforschung quantengesicherter Faserverbindungen zwischen Erfurt und Jena sollen jetzt durch neue Abschnitte in Richtung Nordhausen sowie perspektivisch Berlin und Frankfurt am Main erweitert werden. Am 31. August fiel am Fraunhofer-Zentrum in Erfurt der Startschuss für den weiteren Streckenausbau, der im Rahmen des Forschungsprojektes Q-net-Q erfolgt.
Mit Mitteln des Landes Thüringen wurde bereits eine Glasfaser-Teststrecke zwischen dem Fraunhofer-Institut für angewandte Optik und Feinmechanik in Jena und dem Fraunhofer-Zentrum in Erfurt etabliert. Hier wurden auf einer Distanz von 75 Kilometern – im Rahmen der durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Initiative QuNET – bereits erfolgreich Quantenschlüssel ausgetauscht.
Der besondere Clou dabei: Für die Teststrecke konnte auf eine bereits bestehende Infrastruktur aus konventionellen Telekommunikations-Glasfasern zurückgegriffen werden. Das bedeutet, es musste keine neue, aufwändig zu installierende Infrastruktur realisiert werden. Gegenstand der Forschung ist aktuell, wie sich die neusten Systeme zur Quantenschlüsselverteilung in diese bestehenden Netzwerke integrieren und für verschiedene Anwendungsfelder nutzbar machen lassen.
Um dieser Frage nachzugehen, ist eine Erweiterung der Teststrecke geplant, die jetzt weiter voranschreitet. An die bereits bestehende Verbindung zwischen Jena und Erfurt werden bis 2024 die Thüringer Gemeinden Nordhausen und Sundhausen angeschlossen. Weiterhin wird innerhalb von Jena auch das Universitätsklinikum an die Teststrecke angekoppelt. Damit wird die faserbasierte Teststrecke auf eine Gesamtlänge von mehr als 150 Kilometern ausgedehnt. Bis voraussichtlich Ende 2024 sind weitere Streckenabschnitte bis nach Berlin und Frankfurt am Main geplant.
Drehkreuz dieses geplanten Netzwerks wird dabei das Fraunhofer-Zentrum in Erfurt sein. Die Netzwerkerweiterung und der damit verbundene Ausbau strategischer Kooperationen auf dem Gebiet der Kommunikations- und Informationstechnik erfolgt im Rahmen eines neuen Forschungsprojekts mit Namen Q-net-Q. Darin sollen unter Leitung der Hochschule Nordhausen und mit Beteiligung des Fraunhofer-IOF zunächst exemplarisch die Anwendungspotenziale der hochsicheren Quantenkommunikation für telemedizinische Software getestet werden.
Der leitende Gedanke dahinter: Häufig leiden speziell ländliche Regionen unter einem gravierenden Mangel an Ärzten. Ein schnellerer und vertraulicher Austausch von Patientendaten zwischen urbanen und ländlichen Räumen könnte die medizinische Versorgung in Zukunft daher nicht nur bequemer und effizienter gestalten, sondern im Zweifelsfall sogar Leben retten.
Vor diesem Hintergrund wird auch die Thüringer Gemeinde Sundhausen als Beispiel für eine ländliche Region an die neue Glasfaser-Teststrecke angebunden werden. Erste konkrete Anwendungsfälle für den neuen Streckenabschnitt zwischen Sundhausen und dem Universitätsklinikum Jena sollen zum einen im Bereich der Nachbetreuung für Post-COVID-Patienten liegen, zum anderen in der neurologischen Früherkennung mittels digitaler Tests.
Auf den weiteren, geplanten Streckenabschnitten bis nach Berlin und Frankfurt am Main wird hingegen perspektivisch der Datenaustausch zwischen Rechenzentren und in Hochgeschwindigkeitsverbindungen im Mittelpunkt der Forschung stehen. „Im Rahmen des Projekts Q-net-Q wollen wir grundsätzlich erforschen, wie die physikalisch sicher erzeugten Quantenschlüssen aus QKD-Systemen im heutigen Internet zur Absicherung von Kommunikationswegen effizient integriert werden können“, erklärt Thomas Hühn von der Hochschule Nordhausen das übergeordnete Projektziel.
Das Projekt Q-net-Q wird im Rahmen des europäischen Programmes EuroQCI umgesetzt. Die EU und das BMBF fördern das Projekt mit insgesamt 11,8 Millionen Euro. Dem Forschungsverbund Q-net-Q gehören neben dem Fraunhofer-IOF und der Hochschule Nordhausen, die als Konsortialführer fungiert, weitere fünf akademische Partner an: die TU München, die TU Berlin, die Uni Erlangen-Nürnberg, sowie das Fraunhofer-HHI. Weiterhin sind mit der Utimaco GmbH und der DE-CIX Management GmbH auch zwei Industriepartner in das Projekt involviert.
Fh.-IOF / RK
Weitere Infos
- Projekt Q-net-Q, Bundesministerium für Bildung und Forschung, Berlin
- Abt. Zukunftstechnologien, Fraunhofer-Institut für angewandte Optik und Feinmechanik, Jena