27.12.2022

Ersatz für Platin

Zirkonium als Katalysator erreicht sehr hohe Leistungsdichte bei Zink-Luft-Batterien.

Der langfristige Umstieg auf erneuerbare Energien ist ohne moderne Technologien zur Energie­speicherung undenkbar. Dazu zählen auch Batterien, in denen Elektrizität in Form von chemischer Energie zwischen­gespeichert wird. Wesentlich für ihre Effizienz ist die Verfügbarkeit geeigneter Katalysatoren, die die damit verbundenen chemischen Reaktionen optimiert ablaufen lassen. Dresdner Wissenschaftlern haben sich nun mit der Zink-Luft-Batterie einen bekannten Batterie­typ genauer angesehen, der heute vor allem als Knopfzelle verbreitet ist und beispielsweise in Hörgeräten zum Einsatz kommt. Dafür haben sie einen neuartigen Katalysator entwickelt, der auf dem unedlen Metall Zirkonium fußt. Mit ihm kann das bisher am häufigsten als Katalysator eingesetzte Edelmetall Platin ersetzt und die Batterie dennoch in ein Kraftpaket verwandelt werden.

 

Abb.: Der poröse Katalysator (rote Kugeln) beher­bergt auf seiner...
Abb.: Der poröse Katalysator (rote Kugeln) beher­bergt auf seiner Ober­fläche dichte, katalytisch aktive Zirkonium­stellen (im gelben Kreis) und verbessert so die chemischen Reaktionen der Batterie. (Bild: HZDR / B. Schröder, M. Yu)

Der neue Katalysator verbessert die Lade- und Entladeleistung der Batterie deutlich. Er ist darüber hinaus sehr langlebig: Nach 130 Betriebs­stunden hielt die Testbatterie immer noch 92 Prozent des ursprünglichen Stroms vor. „Das ist ein ausgezeichneter Wert, wenn man bedenkt, dass wir uns noch in einem frühen Stadium der Entwicklung unserer neuartigen Katalysatoren befinden“, sagt Agnieszka Kuc vom Institut für Ressourcen­ökologie am Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR). Sie forscht an den chemisch-physikalischen Eigenschaften von Batterie-Katalysatoren. Diese werden oft als Metallnanostrukturen auf geeigneten Trägermaterialien eingesetzt, wobei deren Metallatome als katalytisch aktive Stellen fungieren. Die Größe der verwendeten Metallpartikel ist dabei wichtig für die Leistungs­fähigkeit solcher Katalysatoren: Erfahrungen aus der Forschung zeigen, dass die katalytische Wirksamkeit der Metallatome in der Regel zunimmt, je kleiner die sie beherbergenden Metall­partikel sind.

„Die ultimative Grenze ist der Einzelatom-Katalysator: isolierte Metallatome, die einzeln auf einem Träger verteilt sind“, erläutert Minghao Yu von der TU Dresden. Er stellt Katalysatoren her, deren Zentrum aus einzelnen Übergangs­metallatomen – wie Zirkonium – bestehen, die durch benachbarte, in einer Ebene liegende Kohlenstoff- oder Stickstoffatome in einer Kohlenstoffmatrix gefangen sind. „In unserem Fall haben wir jedoch noch ein Sauerstoffatom als zusätzlichen Koordinationspartner oberhalb unseres Metalls angeordnet, was zu einer weiteren Wechselwirkung mit der elektronischen Struktur des Zirkoniums führt“, hebt Yu ein besonderes Merkmal hervor, das zu einer neuen Designstrategie für fort­schrittliche Einzelatom-Katalysatoren führen könnte.

Der Katalysator soll die Auswirkungen eines Phänomens verringern, das die praktische Effizienz vieler elektrochemischer Reaktionen begrenzt: die Überspannung, ein Maß für die Abweichung der realen Chemie in der Batteriezelle von dem, was theoretisch eigentlich erwartet werden könnte. „Das bedeutet im Grunde, dass wir weniger Energie nutzbar machen können als von der Thermodynamik vorhergesagt“, erklärt Kuc.

Katalysatoren verringern diese Überspannung und werden so der Schlüssel zur Effizienz der Umwandlung von chemischer in elektrische Energie. Heute sind Katalysatoren auf Platinbasis der Maßstab in der Batteriechemie kommerzieller Anwendungen. Sie haben jedoch einen Nachteil: Platin kommt nur in geringen Mengen in der Erdkruste vor und ist daher sehr teuer. Die Entwicklung neuartiger Katalysatoren auf Basis weniger edler Metalle als praktikable Alternativen war daher in den letzten Jahrzehnten ein Schwerpunkt der Forschung. Und nun präsentieren die Dresdner Forscher mit dem unedlen Metall Zirkonium einen echten Rekord­kandidaten.

Die Wissenschaftler der Dresden-concept-Partner TU Dresden, Max-Planck-Institut für Chemische Physik fester Stoffe (MPI-CPfS) und HZDR mussten dabei eine Auswirkung der Miniaturisierung im Auge behalten: Die abnehmende Partikelgröße fördert die Zusammen­ballung eben jener Partikel zu kleinen Clustern. Das wiederum führt zu einer begrenzten Leistung, vor allem bei hohen Betriebsstromdichten. Die Verwendung eines geeigneten Trägermaterials, das eine starke Wechselwirkung mit dem Metall eingeht, unterbindet diese Verklumpung und schafft stabile, fein verteilte Metallcluster mit hoher katalytischer Aktivität. Mit einer gut definierten und gleichmäßigen Verteilung der Metallatome können die Katalysatoren eine hohe Aktivität und Selektivität erreichen.

„In unserem Fall haben wir unser synthetisiertes Material auf der Oberfläche von Quarz­kügelchen isoliert, die eine für katalytische Prozesse vorteilhafte poröse Struktur aufweisen. Bei unserer Anordnung stellten wir eine ausgeprägte Abneigung des Zirkoniums hinsichtlich einer Zusammen­ballung fest, so dass wir Katalysatoren mit einer hohen Zirkonium­beladung herstellen konnten. Damit haben wir eine rekordverdächtige Leistungsdichte unter allen bisher mit Einzelatom-Katalysatoren hergestellten Zink-Luft-Batterien erzielt“, berichtet Kuc.

HZDR / DE

 

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