Erste Knoten in Quantenmaterie geknüpft
Experiment mit Bose-Einstein-Kondensat kann zu Impulsen für topologische Quantencomputer führen.
Lose Seilenden lassen sich einfach miteinander verknoten. In der Quantenwelt sind verknotete Strukturen bisher allerdings nicht verwirklicht worden. Doch nun gelang es einer finnisch-amerikanischen Physikergruppe, erste Knoten in einer Quantenmaterie zu knüpfen. Bei diesen grundlegenden Experimenten mit tiefgekühlten Atomwolken eines Bose-Einstein-Kondensats entstanden jedoch Knoten nach der exakten mathematischen Definition. Anders als bei Bindfäden mit losen Enden bilden diese Knoten dreidimensionale, topologische Strukturen von in sich geschlossenen und ineinander verschachtelten Bändern. Neben der Bestätigung von theoretischen Knoten-Modellen könnten diese Experimente zu neuen Ansätzen bei der Entwicklung von Quantencomputern führen.
Abb.: Die atomare Dichteverteilung im BEK weist auf die Existenz ineinander verschachtelter Knoten-Ringe hin. (Bild: D. Hall)
„Mit diesen allerersten Quantenknoten legen wir eine fundamentale Basis für knotenbasierte Quantenanwendungen“, sagt Mikko Möttönen von der Aalta Universität. Zusammen mit Kollegen am amerikanischen Amherst College fing er zuerst eine tiefgekühlte Wolke aus mehr als 100.000 tiefgekühlten Rubidium-87-Atomen in einer optischen Dipolfalle ein. Dieses Bose-Einstein-Kondensat setzten sie einem inhomogenen Magnetfeld mit einem Quadrapol-Gradienten (4,3 Gauß/Zentimeter) aus. Dabei lag der Nullpunkt dieses Magnetfelds etwa 35 Mikrometer vom Zentrum der Rubidium-Wolke entfernt.
Um einen Quantenknoten zu erzeugen, veränderten Möttönen und Kollegen das Magnetfeld, so dass der Nullpunkt exakt in der Mitte des Bose-Einstein-Kondensats zu liegen kam. Innerhalb von etwa 500 Mikrosekunden kam es zu einer Richtungsänderung, einer Präzession, des nematischen Vektor, mit dem sich die magnetische Struktur im Bose-Einstein-Kondensat beschreiben ließ. Dabei bildeten sich Wellenpakete, sogenannte Solitonen aus, die in sich geschlossen und ineinander verschachtelt waren. „Ein Soliton-Knoten besteht dabei aus einer unendlichen Anzahl von Ringen, jeder mit den anderen verbunden und ein toroidale Feldstruktur bildend“, erläutern die Forscher.
Abb.: Modell eines Quantenknotens aus in sich geschlossenen und ineinander verschachtelten Ringen (Bild: D. Hall)
„Mit dieser Methode konnten wir einige hundert solcher Knoten knüpfen“, sagt David Hall vom Amherst College. Zur Bestätigung dienten Mikroskopaufnahmen, die die Atomdichte im Bose-Einstein-Kondensat mit hoher räumlicher Auflösung sichtbar machte. Die Bilder zeigten – in Übereinstimmung mit theoretischen Modellen – eine Intensitätsverteilung, die sich mit miteinander verknüpften Ringen erklären ließ.
In weiteren Versuchen wollen die Forscher die Dynamik, die Stabilität und die Wechselwirkung zwischen einzelnen Soliton-Knoten untersuchen. Sollte eine Stabilisierung dieser exotischen Quantenstrukturen gelingen, könnten – so die Erwartung von Möttönen und Kollegen – diese dreidimensionalen, topologischen Quantenstrukturen beispielsweise für neuartige Quantencomputer genutzt werden.
Bereits vor zwei Jahren überraschte die gleiche finnische Arbeitsgruppe mit einem anderen, exotischen Quanteneffekt. Ihnen gelang nach ersten Hinweisen auf magnetische Monopole in speziellen, Spin-Eis genannten Kristallen, die Erzeugung eines künstlichen, magnetischen Dirac-Monopols. Das Experiment basierte ebenfalls auf einem Bose-Einstein-Kondensat aus Rubidium-Atomen, das die Forscher polarisierten und danach einem zeitlich veränderlichen Magnetfeld aussetzten. Dadurch drehten sich die Spins der Atome, eine Rotationsbewegung der Atomwolke war die Folge. Die ungewöhnliche, ortsabhängige Geschwindigkeitsverteilung in der Wolke ließ sich aber nur mit einem fiktiven Magnetfeld erklären, das genau dem eines magnetischen Monopols entsprach.
Jan Oliver Löfken
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