Mit dem Telekommunikationssatelliten Hispasat 36W-1 ist am 28. Januar der erste Satellit einer neuen, wesentlich in Deutschland entwickelten und gebauten Satellitenplattform ins All gestartet: SmallGEO ist ein Programm für relativ leichte geostationäre Satelliten, die mit etwa drei - statt klassischerweise sechs oder acht - Tonnen in 36.000 Kilometer Höhe um die Erde kreisen. Die Plattform ist modular aufgebaut und kann verschieden konfiguriert und eingesetzt werden – vor allem für den kommerziell interessanten Markt der Telekommunikationsdienstleistungen. Deutschland ist der größte Beitragszahler des SmallGEO-Programms der ESA und hat rund 150 Millionen Euro in die Entwicklung der Plattform und der Nutzlast investiert.
Abb.: Der erste SmallGEO-Satellit startet vom Weltraumbahnhof der ESA in Französisch-Guyana an Bord einer Sojus-Trägerrakete. (Bild: DLR)
Hispasat 36W-1 soll die Iberische Halbinsel, die kanarischen Inseln und Südamerika mit Multimediadiensten versorgen. Die deutsche Firma Tesat Spacecom hat für die Mission erstmals eine komplette Kommunikationsnutzlast ausgelegt und gebaut. Einen Teil dieser Nutzlast bildet der Ka-Band-Demonstrator, eine Kommunikationseinheit mit einer besonders großen Bandbreite an Frequenzen. Zu dieser Nutzlasteinheit gehören eine neuartige Ansteuerungseinheit und drei Leistungsverstärker. Beide Technologien werden im Weltall erprobt und sollen die Satellitenkommunikation flexibler machen. Denn bisher waren die Telekommunikationssatelliten relativ starr: Einmal ins All geschossen, sendeten sie über ihre gesamte Lebensdauer von rund 15 Jahren hinweg immer im selben Frequenzbereich und mit einer fest eingestellten Leistung. „Das ist heute nicht mehr zeitgemäß und geht am Markt vorbei. Ein flexibler Leistungsverstärker kann – wenn nötig – die Intensität verstärken oder verringern. Das spart Strom, der dann für andere Anwendungen zur Verfügung steht“, verdeutlicht Frank Bensch, SmallGEO-Programmleiter beim DLR Raumfahrtmanagement.
„Hispasat 36W-1 ist der Beginn einer eigenen Produktlinie“, erläutert Bensch weiter. So basieren auf SmallGEO die derzeit im Bau befindlichen europäischen Wettersatelliten Meteosat Third Generation. In der Folgemission EDRS-C – geplanter Start im Herbst 2017 – wird die SmallGEO-Plattform um eine rein chemisch angetriebene Variante erweitert. EDRS-C wird Teil des europäischen Datenrelaissystems EDRS, einer Datenautobahn im All, die bereits 2016 mit ihrem ersten Satelliten EDRS-A den Betrieb aufgenommen hat. Die SmallGEO-Plattform bereitet auch die deutsche Satellitenmission „Heinrich Hertz“ mit Startdatum 2020 vor. Bei der Mission Electra, die 2022 folgen soll, wird eine Plattformvariante mit voll elektrischem Antrieb entwickelt. Dadurch kann die Nutzlast bei gleicher Satellitenmasse nahezu verdoppelt werden.
DLR / RK