16.05.2018

Europa lässt Dampf ab

Jupitermond schießt riesige Fontänen aus Wasser­dampf ins All.

Neben dem Saturnmond Enceladus gehört der Jupiter­mond Europa zu den inte­res­san­testen Himmels­körpern im äußeren Sonnen­system. Während ihre Ober­fläche aus einer kilo­meter­dicken Eis­schicht besteht, sollten in im Inneren beider Trabanten weit­läufige Wasser­massen vor­liegen, die durch die Gezeiten­wirkung beim Umlauf um ihre Gas­riesen warm und flüssig bleiben. Kein anderer Ort in unserem Sonnen­system außer der Erde liefert so hervor­ragende Bedin­gungen für die Ent­stehung von Leben: über einen Zeit­raum von Jahr­milli­arden vor­liegendes, wohl­tempe­riertes Wasser, sowie Mine­ralien und Salze. Wenn sich hier Spuren von Leben finden lassen, die sich unab­hängig von irdischen Lebens­formen ent­wickelt haben, könnte es im All über­all von Leben wimmeln.

Abb.: Künstlerische Darstellung einer Fontäne aus Wasser­dampf auf dem Jupiter­mond Europa. (Bild: Jet Propul­sion Labo­ra­tory, NASA)

Eine neue Entdeckung in alten Daten liefert jetzt eine Möglich­keit, die Eis­monde zu unter­suchen, ohne sie mit irdischen Keimen zu konta­mi­nieren. Wie ein inter­natio­nales Forscher­team um Xianzhe Jia von der Univer­sity of Michigan in Ann Arbor heraus­fand, sprühen von Europas Ober­fläche riesige Fontänen aus Wasser­dampf ins All. Künftige Raum­sonden könnten diesen Dampf ein­gehend analy­sieren und viel­leicht Hinweise auf orga­nische Prozesse finden.

Vom Saturnmond Enceladus ist bereits bekannt, dass aus über hundert Geysiren Wasser­dampf nach oben schießt und zum größten Teil wieder auf seine Ober­fläche zurück­sinkt. Enceladus ist mit einem Durch­messer von gut fünf­hundert Kilo­metern aller­dings deut­lich kleiner als der 3122 Kilo­meter messende Europa, der fast so groß wie der Erdmond ist. Bereits 2014 und 2016 hatte das Welt­raum­tele­skop Hubble einen heißen Spot auf Europa nach­ge­wiesen, was zu Speku­la­tionen um Wasser­dampf-Fontänen geführt hatte. Aus den Daten ging aller­dings nicht ein­deutig hervor, ob es sich hier wirk­lich um den Trans­port von Material und Wärme aus Europas Inneren oder um bestimmte Arte­fakte bei den Messungen gehandelt hatte.

Die Wissenschaftler um Xianzhe Jia analysierten deshalb die alten Daten der Jupiter­sonde Galileo noch­mals mit Hilfe neuer Ver­fahren. Die 1989 gestar­tete Galileo hat das Jupiter­system 1995 erreicht und bis 2003 unter­sucht. Dabei flog sie auch elf Mal an Europa vorbei, wobei sie zwei­mal beson­ders nah an die Ober­fläche des Mondes heran­kam – einmal auf etwa 200, einmal auf etwa 350 Kilo­meter.

Beim tieferen dieser Vorbeiflüge am 16. Dezember regis­trierte das Magneto­meter kurz vor dem tief­sten Punkt eine Rota­tion sowie Abnahme des Magnet­felds um zwei­hundert Nano­tesla. Anhand neuer Simula­tions­methoden haben die Forscher diese Daten nun ein­gehend unter­sucht. Wie sie anhand von drei­dimen­sional-multi­fluiden magneto­hydro­dyna­mischen Modellen fest­stellen konnten, entspricht dieses Magnet­feld-Ver­halten sehr gut dem, was bei einer mehrere hundert Kilo­meter hohen Wasser­dampf-Fontäne zu erwarten ist. Auch die Daten des Plasma­wellen-Spektro­meters passen gut zu diesen Modellen. Dieses zeigte eine Konzen­tra­tion geladener Teilchen an, die plötz­lich wieder ver­schwand. Zur Zeit der Galileo-Mission gab es diese neuen Analyse­methoden noch nicht, deshalb konnte dieser Schatz an Infor­ma­tionen erst jetzt geborgen werden. Offen­sicht­lich liegt der Ort dieser Fontäne auch an jenem Punkt auf Europa, den auch Hubble bereits als Tempe­ratur­ano­malie aus­ge­macht hatte.

In mittlerer Zukunft sind gleich zwei wichtige Missionen in Vor­berei­tung, die einige Rätsel um die unter­irdischen Ozeane auf Europa lösen sollen. Die NASA setzt auf die Mission „Europa Clipper“, während die ESA den Jupiter Icy Moons Explorer JUICE plant. Beide Raum­sonden sollen Anfang der 2020er Jahre starten und die Jupiter­monde ab etwa 2030 ein­gehend erfor­schen, wobei der Analyse der nun nach­ge­wiesenen Fontänen eine bedeu­tende Rolle zukommen wird. Europa Clipper soll sehr viel näher als Galileo an die Mond­ober­fläche heran­fliegen und bis auf 25 Kilo­meter Höhe herunter­gehen. Die Orbits der ange­dachten 44 Vorbei­flüge sind noch in Planung – und man kann davon aus­gehen, dass die Wasser­dampf-Fontänen einer­seits auf der Wunsch­liste sehr weit oben stehen werden und anderer­seits der Finan­zie­rung des Projekts nicht schaden sollten.

Es gibt auch Überlegungen, einen autonomen Tauchroboter auf Europa ein­zu­setzen. Aber abge­sehen von tech­nischen Schwierig­keiten wie dem Durch­bohren einer kilo­meter­dicken, hart­ge­fro­renen Eis­schicht ist eine perfekte, keim­freie Dekonta­mina­tion nötig, will man keine Lebens­formen von der Erde in dieses mögliche Öko­system ein­bringen. Am Ende der Galileo-Mission hatte die NASA die Raum­sonde – bereits mit knappem Treib­stoff und nach einigen Elek­tronik-Aus­fällen in der strahlen­reichen Jupiter­umge­bung – in den Gas­riesen stürzen lassen, um einen Absturz auf Europa und eine mögliche Konta­mina­tion zu ver­meiden.

Dirk Eidemüller

RK

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