06.08.2020

Exoplanet im Radioblick

Radioteleskop entdeckt saturngroßen Himmelskörper um einen kühlen Zwergstern.

Mit dem extrem scharfen Radioblick des Very Long Baseline Array (VLBA), dessen Einzel­teleskope sich über den gesamten amerikanischen Kontinent erstrecken, haben Astronomen unter Beteiligung des Bonner Max-Planck-Institut für Radio­astronomie einen Planeten von Saturngröße entdeckt, der sich auf einer engen Umlaufbahn um einen masse­armen kühlen Stern in 35 Lichtjahren Entfernung von der Erde bewegt. Es ist die erstmalige astrometrische Entdeckung eines extra­solaren Planeten mit einem Radioteleskop, wobei eine Beobach­tungstechnik angewandt wird, die extrem präzise Messungen der Position des Sterns am Himmel erfor­derlich macht. Es ist auch erst der zweite extrasolare Planet, der mit dieser astrometrischen Beobachtungs­technik nachgewiesen werden konnte.

Abb.: Darstellung des Planeten­systems TVLM 513–46546: Der neu gefundene...
Abb.: Darstellung des Planeten­systems TVLM 513–46546: Der neu gefundene Planet von der Größe des Saturn steht im Vorder­grund vor einem masse­armen und kühlen Braunen Zwerg. (Bild: L. A. Curiel Ramirez)

Die astro­metrische Beobachtungs­technik ist schon länger bekannt, ist aber im praktischen Gebrauch sehr schwierig. Sie erfordert die extrem präzise Verfolgung der tatsächlichen Bewegung des Sterns im Raum, dazu den Nachweis winzig kleiner Schwankungen in dieser Bewegung, hervor­gerufen durch die Gravitations­wirkung des umlaufenden Planeten auf den Stern. Der Stern und der Planet umkreisen jeweils die Position des gemeinsamen Massezentrums. Der Planet kann nun indirekt nachgewiesen werden, wenn diese Position, das Baryzentrum, weit genug vom Zentrum des Sterns entfernt liegt, um eine durch Teleskope beobacht­bare Wackel­bewegung hervor­zurufen. Diese Beobachtungs­technik eignet sich insbesondere zum Nachweis jupitergroßer Planeten in Umlaufbahnen mit großem Abstand zu ihrem Zentralstern. Das liegt daran, dass bei massereichen Planeten die Wackel­bewegung mit dem Abstand zwischen Planet und Stern anwächst und für einen bestimmten Abstand der Umlaufbahn das Ausmaß der Wackel­bewegung des Sterns mit der Masse des Planeten anwächst.

Von Juni 2018 an hat das Forscherteam für insgesamt anderthalb Jahre die Posi­tionen des Sterns TVLM 513–46546 systematisch vermessen. TVLM 513–46546 ist ein kühler Zwergstern mit weniger als zehn Prozent der Masse unserer Sonne in Richtung des Sternbilds Bootes am Himmel. Zusätzlich nutzten die Astronomen noch neun frühere VLBA-Messungen dieses Sterns aus der Zeit zwischen März 2010 und August 2011. Die umfassende Analyse aller Beobachtungs­daten des Sterns zeigt eine systematische Schwankung in den gemessenen Positionen des Sterns und ermög­licht daraus den indirekten Nachweis eines Planeten von Saturn­masse, der seinen Stern mit einer Periode von 221 Tagen umkreist. Dieser Planet hat einen geringeren Abstand von seinem Stern als Merkur von der Sonne.

Massearme kühle Sterne wie TVLM 513–46546 gehören zu den häufigsten in unserer Milchstraße vorkommenden Sternen und bei vielen von ihnen hat man kleinere Planeten gefunden, von der Masse her vergleichbar mit Erde oder Mars im Sonnensystem. „Große Planeten wie Jupiter oder Saturn sollten bei massearmen Sternen wie diesem eigentlich eher selten vorkommen. Die astrometrische Beobachtungs­technik ist am erfolg­reichsten beim Nachweis jupiterähnlicher Planeten in ausgedehnten Umlaufbahnen. Wir waren daher überrascht, einen masseärmeren Planeten von Saturngröße in einer relativ nahen Umlaufbahn um den Stern zu finden, während wir doch eher etwas von der Größe des Jupiter wesentlich weiter außen erwartet hätten“, sagt Salvador Curiel von der National Autonomous University in Mexiko. „Der Nachweis der Umlauf­bewegung eines masse­ärmeren Planeten in einer so nahen Umlaufbahn war schon eine Heraus­forderung“, fügt er hinzu.

Bisher sind über 4300 Planeten in Umlaufbahnen um andere Sterne gefunden worden, aber der Planet um TVLM 513–46546 ist erst der zweite, der mit Hilfe der astrometrischen Beobachtungs­technik nachgewiesen werden konnte. Eine andere sehr erfolgreiche Methode zum Nachweis extrasolarer Planeten, die Radial­geschwindigkeits­technik, beruht ebenfalls auf dem gravitativen Einfluss eines Planeten auf seinen Mutterstern. Diese Technik weist die winzige Beschleunigung des Sterns in Richtung oder entgegengesetzt zur Richtung der Erde nach, die durch die Bewegung des Sterns um das gemeinsame Baryzentrum verursacht wird. „Unsere Nachweismethode ergänzt die Radial­geschwindigkeits­methode, die eher geeignet für Planeten in nahen Umlaufbahnen um den jeweiligen Stern ist, während die astrometrische Methode besser geeignet ist, um massereiche Planeten in weiter entfernten Umlaufbahnen um ihre Sterne zu finden“, erklärt Gisela Ortiz-Leon vom Bonner Max-Planck-Institut für Radio­astronomie. „Tatsächlich konnten mit den anderen Methoden nur wenige Planeten gefunden werden, die in ihren Eigenschaften wie Masse, Größe der Umlaufbahn und Masse des Muttersterns unserem neuge­fundenen Planeten gleichen. Wir nehmen an, dass mit dem VLBA oder allgemein mit der astrometrischen Methode noch eine große Zahl weiterer Planeten mit ähnlichen Eigenschaften gefunden werden können.“ ;Eine dritte ebenfalls sehr erfolg­reiche Methode zur Auffindung extrasolarer Planeten weist eine leichte Abdunklung im Licht eines Sterns nach, wenn der Planet von der Erde aus gesehen vor dem Stern vorbeizieht. 

Die astro­metrische Methode ist erfolgreich im Aufspüren von nahe­gelegenen Doppel­sternsystemen und wurde bereits im 19. Jahrhundert als eine mögliche Methode für die Entdeckung extrasolarer Planeten in Erwägung gezogen. Im Lauf der Jahre wurden wiederholt solche Entdeckungen angekündigt, die jedoch sorgfältiger Überprüfung nicht standhalten konnten. Die Schwierigkeit bei dieser Methode liegt darin, dass die vom Planeten verursachte Wackel­bewegung des Sterns von der Erde gesehen so winzig ist, dass es eine ganz außer­gewöhnliche Präzision bei der Positions­bestimmung des Sterns erforderlich macht. „Das VLBA mit seinen Einzel­teleskopen in bis zu 8000 Kilometer Abstand ermöglicht ein extrem hohes Auflösungs­vermögen und liefert uns die Genauigkeit, die für diese Entdeckung erforderlich war“, sagt Amy Mioduszewski vom National Radio Astro­nomy Obser­vatory (NRAO). „Hinzu kamen Verbesserungen in der Empfind­lichkeit des VLBA, die uns die Daten­qualität lieferten, die wir für diese Arbeit benötigten“, fügt sie abschließend hinzu.

MPIfR / JOL

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