19.11.2021

Exoplaneten mit KI aufspüren

Neue Technik zur Suche nach Exoplaneten mit künstlicher Intelligenz erleichtert auch den Nachweis illegaler Mülldeponien auf der Erde.

Durch den Einsatz von Techniken der künstlichen Intelligenz, die denen ähneln, die in autonomen Autos verwendet werden, hat ein Team der Universität Genf und der Universität Bern in Zusammenarbeit mit dem Unternehmen Disaitek eine neue Methode zur Entdeckung von Exoplaneten entwickelt. Diese könnte auf der Erde eingesetzt werden, um illegale Müll­deponien und Abfall­ablagerungen zu entdecken.

 

Abb.: Die Methode verwendet eine Daten­darstellung, bei der die Anwesenheit...
Abb.: Die Methode verwendet eine Daten­darstellung, bei der die Anwesenheit eines Planeten (rechts) wie ein Fluss von oben (links) zu sehen ist. Das Bild rechts zeigt den gemessenen Licht­strom des Sterns Kepler-36 mit der Verfinsterungen durch Kepler-36 b. (Bild: UNIGE, D. Hoefler)

Die meisten der bisher entdeckten Exoplaneten wurden mit der Transitmethode entdeckt. Diese Technik basiert auf einer Mini-Finsternis, die entsteht, wenn ein Planet vor seinem Stern vorbeizieht. Die beobachtete Abnahme der Leuchtkraft des Sterns ermöglicht es, nach einer periodischen Bestätigung der Beobachtungen auf die Existenz eines Planeten zu schließen und seinen Durchmesser zu schätzen. Die Theorie sagt jedoch voraus, dass in vielen Planetensystemen die Wechselwirkungen zwischen den Planeten diese Periodizität verändern und ihre Entdeckung unmöglich machen.

Vor diesem Hintergrund hat ein Team von Astronomen der Universität Genf, der Universität Bern und des Nationalen Forschungsschwerpunkts PlanetS in Zusammenarbeit mit der Firma Disaitek künstliche Intelligenz (KI) für die Bilderkennung eingesetzt. Sie haben einer Maschine beigebracht, die Auswirkungen von Wechselwirkungen zwischen Planeten vorherzusagen, was die Entdeckung von bisher unbekannten Exoplaneten möglich macht. Die entwickelte Methode könnte auch auf der Erde eingesetzt werden, um illegale Mülldeponien und Abfallablagerungen zu entdecken.

Die Entdeckung eines Planeten mit der Transitmethode ist ein langwieriger Prozess. Das Auffinden des von kleinen Planeten verursachten Signals in den Daten kann kompliziert, wenn nicht gar unmöglich sein, wenn Wechselwirkungen zwischen den Planeten die Periodizität des Transitphänomens verändern. Um dieser Schwierigkeit zu begegnen, müssen Instrumente entwickelt werden, die diesen Effekt berücksichtigen können.

„Deshalb haben wir uns überlegt, künstliche Intelligenz für die Bilderkennung einzusetzen“, erklärt Adrien Leleu, Postdoc in der Astronomie­abteilung der Natur­wissenschaftlichen Fakultät der Universität Genf und Mitglied des nationalen Forschungsschwerpunkt PlanetS. Effektiv ist es möglich, einer Maschine anhand einer großen Anzahl von Beispielen beizubringen, alle Parameter zu berücksichtigen und die Auswirkungen der Wechselwirkungen zwischen den Planeten in einer bildlichen Darstellung der induzierten Wirkung vorherzusagen.

„Bei der in diesem Projekt verwendeten KI handelt es sich um ein neuronales Netz, dessen Ziel es ist, für jedes Pixel eines Bildes zu bestimmen, welches Objekt es darstellt“, erklärt Anthony Graveline, Präsident von Disaitek. Im Rahmen eines autonomen Fahrzeugs ermöglicht dieser Algorithmus die Identifizierung der Straße, des Trottoirs, der Schilder und der von der Kamera wahrgenommenen Fußgänger. Bei der Erkennung von Exoplaneten geht es darum, bei jeder Messung der Helligkeit des Sterns festzustellen, ob die Verfinsterung durch einen Planeten beobachtet wird. Das neuronale Netz trifft seine Entscheidung, indem es alle verfügbaren Beobachtungen dieses Sterns mit der Reihe von Konfigurationen vergleicht, die es beim Training gesehen hat.

„Bei den ersten Anwendungen der Methode haben wir zwei Exoplaneten – Kepler-1705b und Kepler-1705c – entdeckt, die von früheren Techniken völlig übersehen worden waren“, erklärt Adrien Leleu. Die so entdeckten Planetensysteme sind eine Goldmine für das Wissen über Exoplaneten und insbesondere über Planeten des terrestrischen Typs, die im Allgemeinen schwer zu charakterisieren sind. Die entwickelte Methode ermöglicht es nicht nur, den Radius der Planeten abzuschätzen, sondern liefert auch Informationen über ihre Masse und damit über ihre Dichte und Zusammensetzung. „Der Einsatz von KI, insbesondere von ‚Deep Learning‘ wie in dieser Arbeit, findet in der Astrophysik zunehmend Verbreitung, sei es, um Beobachtungsdaten zu verarbeiten, wie wir es hier getan haben, oder um die Ergebnisse gigantischer numerischer Simulationen zu analysieren, die Terabytes von Daten produzieren. Was wir in dieser Studie entwickelt haben, ist ein neues Beispiel für den fantastischen Beitrag, den diese Techniken für unser Gebiet und wahrscheinlich für alle Forschungs­bereiche leisten können“, erklärt Yann Alibert, Professor für Astrophysik an der Universität Bern und wissenschaftlicher Leiter im NFS PlanetS.

Diese Technik, die sich für die astronomische Beobachtung bewährt hat, kann auch für die Beobachtung der Erde und ihrer Umwelt eingesetzt werden. „Bei der Entwicklung dieser Technologie haben wir schnell erkannt, dass sie auch für andere Probleme eingesetzt werden kann, für die nur wenige Daten zur Verfügung stehen“, erklärt Grégory Châtel, Leiter der Abteilung Forschung und Entwicklung bei Disaitek. Mit Hilfe von hochauflösenden Satellitenbildern setzt Disaitek diese KI nun zur Lösung von Umwelt­problemen ein, insbesondere zur Erkennung von illegalen Müllablagerungen.

U. Bern / DE

 

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