Faszination Forschung und Fotografie
Mit seiner Aufnahme einer Mikropumpe hat der Physiker Sebastian Bohm den 1. Preis im Fotowettbewerb der Technischen Universität Ilmenau gewonnen.
Was ist faszinierender: die Fotos von der Mikropumpe oder die E-PunCh-Pumpe selbst? Die Pumpe, hergestellt auf einem Silizium-Wafer und nur zirka einen halben Millimeter hoch, ist in der Lage, Flüssigkeiten hochpräzise zu bewegen – und das vollständig ohne bewegliche Teile, nur mithilfe elektrischer Spannung. Anstelle von mechanischen Kolben oder Membranen übernimmt die Flüssigkeit selbst die Pumparbeit. Entwickelt hat Sebastian Bohm das innovative Mikropumpensystem im Rahmen seiner Dissertation an der TU Ilmenau am Fachgebiet Theoretische Physik I in Zusammenarbeit mit der 5microns GmbH, einem Ilmenauer Hightech-Unternehmen, das kundenspezifische Mikrosysteme und -prozesse entwickelt und herstellt. Die Fertigung erfolgte in den Reinräumen des Zentrums für Mikro- und Nanotechnologien der TU Ilmenau – mit die größten Reinräume einer Universität in Europa.



Die E-PunCh-Mikropumpe, die kleinste Flüssigkeitsmengen präzise dosiert, kann in den verschiedensten Bereichen für vielfältige Anwendungen eingesetzt werden: In der Medizintechnik etwa in Tropfendosierautomaten, in Insulinpumpen und in Pipettier-Robotern, oder zum Beispiel auch in der Lebensmittelindustrie – überall dort, wo es auf präzise Dosierungen und gleichzeitig geringe Fertigungskosten ankommt. In seiner Doktorarbeit entwickelte Sebastian Bohm zudem numerische Methoden, mit denen sich das Verhalten von Flüssigkeiten in mikrofluidischen Systemen unter dem Einfluss elektrischer Felder beschreiben lassen.
Mit dem ersten Preis im NanObjectives-Wettbewerb der TU Ilmenau hat der 32-jährige Sebastian Bohm abseits seiner herausragenden Fähigkeiten als junger Wissenschaftler sein fotografisches Talent bewiesen. Mit seinem Foto setzte er sich gegen über 50 kreative Beiträge aus Forschung und Technik von Wissenschaftlern und Studierenden der TU Ilmenau durch. Gestochen scharf fängt er die Hälfte einer winzigen Mikropumpe – Pumpkammer und Ventile – in schillernden Farben ein. Dafür platzierte Sebastian Bohm in der Pumpkammer präzise fünf Wassertropfen mit einem Volumen von je rund einem Mikroliter, also einem Millionstel Liter! Zuvor hatte er die Oberfläche des Siliziumwafers hydrophobisiert, das heißt so behandelt, dass sie wasserabweisend ist: Er beschichtete das Substrat mit einer nur wenige Nanometer, wenige Millionstel Millimeter dünnen Schicht eines Polymers. So erreichte er, dass die Wassertropfen sich auf der Oberfläche absetzen, ohne dass sie darauf verlaufen.
Die so entstandene Aufnahme setzt sich aus 170 einzelnen Bildern zusammen, die Sebastian Bohm mit Hilfe des sogenannten Focus stackings, einer speziellen Aufnahme- und Bildbearbeitungstechnik, zu einem einzelnen Bild mit außergewöhnlich hoher Schärfentiefe verrechnete. Um die unterschiedlichen Farben in den Tropfen, das bläuliche Hintergrundlicht und die Reflexionen in den Wassertropfen zu erzeugen, veränderte er nach jeweils rund 60 Bildern die Farbe der LED-Beleuchtung. Das Ergebnis: Die faszinierende Ansicht einer Mikrowelt, die dem menschlichen Auge sonst verborgen bleibt.
Bohm ist heute wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fachgebiet seines Doktorvaters Professor Erich Runge und Entwicklungsingenieur bei der 5microns GmbH. Ab Oktober wird er als Postdoc an der Technischen Hochschule Chalmers in Göteborg weiter auf dem Gebiet der Fluidik forschen. Die E-PunCh-Pumpe wurde unterdessen bereits patentiert. Was seine Leidenschaft für die Fotografie betrifft, sagt er: „Die Fotografie ist ein spannendes Hobby für mich, da sie sowohl technisches Verständnis als auch kreative Vorstellungskraft verlangt. Ähnlich wie in der Physik und Mikrosystemtechnik entsteht daraus eine besondere Verbindung von Präzision und Kreativität.“ [TU Ilmenau / dre]
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