Fenster in den jungen Kosmos
Starburst-Galaxie liefert Hinweise auf Epoche der Re-Ionisierung.
Die Re-Ionisierung ist eine wichtige Phase der kosmischen Entwicklung: In der Zeit zwischen 150 Millionen und einer Milliarde Jahren nach dem Urknall entstanden die ersten Galaxien und Sterne. Ihre Strahlung breitete sich im intergalaktischen Raum aus und ionisierte den seit der Rekombination neutralen Wasserstoff. Bislang gibt es keine direkten Beobachtungen, die zeigen könnten, wie die Re-Ionisierung im Einzelnen abgelaufen ist. Galaxien mit einer hohen Sternentstehungsrate sind die wahrscheinlichsten Quellen der ionisierenden Strahlung – aber wie waren diese ersten Starburst-Galaxien beschaffen? Und wie konnte die ionisierende Strahlung die Wolken aus dichtem, kühlem Gas durchdringen, in denen sich vermutlich die ersten heißen, massereichen Sterne gebildet haben?
Abb.: In der knapp drei Milliarden Lichtjahre entfernten Galaxie J0921+4509 entstehen pro Jahr neue Sterne mit insgesamt fünfzig Sonnenmassen Diese jungen Sterne erzeugen energiereiche, ionisierende Strahlung. (Bild: NASA / ESA)
Sanchayeeta Borthakur von der Johns Hopkins University in Baltimore und ihre Kollegen sind Antworten auf diese Fragen nun ein ganzes Stück näher gekommen. Das Forscherteam aus den USA und Brasilien hat die Starburst-Galaxie J0921+4509 mit dem Hubble Space Telescope einer eingehenden Untersuchung unterzogen. Mit einer Rotverschiebung von z = 0,235 – entsprechend einer Lichtlaufzeit von knapp drei Milliarden Jahren – steht J0921+4509 zwar im „heutigen“ Kosmos, aber mit einer Sternentstehungsrate von fünfzig Sonnenmassen pro Jahr ist sie überaus aktiv und ähnelt deshalb vermutlich den ersten Sternsystemen in der Epoche der Re-Ionisierung.
Die Beobachtungen des Forscherteams zeigen, dass bei dieser Galaxie 21 Prozent der ionisierenden Strahlung aus der Sternentstehungsregion entweicht und in den intergalaktischen Raum eindringt. Es muss also ausreichend große Lücken in dem kühlen, neutralen Gas geben, dass die Starburst-Region umgibt. Borthakur und ihre Kollegen vermuten, dass ungewöhnlich starke Winde extrem massereicher Sterne die Lücken erzeugen. Ganz ähnliche Prozesse könnten also auch in den ersten Galaxien im Kosmos am Werk sein und die Re-Ionisierung vorantreiben.
Eine direkte Beobachtung der ionisierenden Strahlung in dieser kosmischen Epoche ist nicht möglich, da sie durch den überwiegend noch neutralen Wasserstoff absorbiert wird. Doch die Messungen des Teams zeigen auch einen Weg auf, wie sich die ersten Starburst-Galaxien trotzdem aufspüren lassen könnten. Der im Zentrum gesättigter interstellarer Absorptionslinien verbleibende Strahlungsfluss lässt sich, so die Forscher, als Maß für den Anteil der entweichenden ionisierenden Strahlung nutzen. Die Messung dieses Strahlungs-Residuums sei deshalb ein extrem wertvolles Verfahren für die Suche nach Starburst-Galaxien in der Phase der Re-Ionisierung.
Rainer Kayser
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