04.01.2012

Fluoreszenz gegen Tierversuche

Mit Sensor-Nanopartikeln wollen Forscher die Anzahl der Versuche an Tieren verringern.

Verwendeten deutsche Labors im Jahr 2005 noch etwa 2,41 Millionen Tiere für Forschungszwecke, so waren es 2009 bereits 2,79 Millionen – Tendenz steigend. Ein Drittel der Tiere wurde in der biologischen Grundlagenforschung eingesetzt, ein Großteil davon für die Erforschung von Krankheiten und die Entwicklung medizinischer Produkte und Geräte.

Abb.: Nanosensoren zeigen durch das gelbe Signal im Überlagerungsbild (rechts), dass die Zellen aktiv sind. In einem schlechten Gesundheitszustand wären sie deutlich roter. Mitte: Signal des Indikatorfarbstoffs. Links: Signal des Referenzfarbstoffs. (Bild: Fraunhofer EMFT)


Die Menschen wollen zwar sichere Medikamente und verträgliche Therapien, doch Tierversuche will kaum jemand in Kauf nehmen. Wissenschaftler suchen daher seit Jahren nach Ersatzmethoden. Eine Alternative haben jetzt Forscher der Fraunhofer-Einrichtung für Modulare Festkörper-Technologien EMFT in München gefunden: Mit neuartigen Nanosensoren wollen sie die Anzahl der Tierexperimente verringern.

„Wir testen Chemikalien quasi im Reagenzglas auf ihre Wirksamkeit und ihr Risikopotenzial. Hierfür setzen wir lebende Zellen, die aus menschlichem und tierischem Gewebe isoliert und in Zellkulturen gezüchtet wurden, der zu untersuchenden Substanz aus“, erläutert Jennifer Schmidt vom EMFT. Ist der Wirkstoff in einer bestimmten Konzentration giftig für die Zelle, stirbt sie. Das können Schmidt und ihr Team mit ihren Sensor-Nanopartikeln durch Fluoreszenz sichtbar machen.

Gesunde Zellen speichern ihre Energie in chemischer Form als Adenosintriphosphat (ATP). Je mehr ATP vorhanden ist, desto aktiver ist die kleinste lebende Einheit. Wird diese stark geschädigt, verringert sie schlussendlich ihre Stoffwechselaktivität, speichert weniger Energie und produziert infolgedessen auch weniger ATP.

Damit die Nanopartikel das ATP erkannten, statteten die Forscher sie mit zwei Fluoreszenzfarbstoffen aus: einem grünen Indikatorfarbstoff, der sensibel auf ATP reagiert, und einem roten Referenzfarbstoff, dessen Farbe sich nicht verändert. Im nächsten Schritt schleusten die Wissenschaftler die Partikel in die lebenden Zellen ein und beobachteten sie unter dem Fluoreszenzmikroskop.

Je nach Menge des vorhandenen ATPs leuchteten die Partikel unterschiedlich stark – je gelber das Signal im Überlagerungsbild erschien, desto aktiver war die Zelle. Bei einem schlechten Gesundheitszustand, wäre das Überlagerungsbild deutlich röter ausgefallen.

Würden beispielsweise Krebszellen getestet, ließe sich die Wirksamkeit neu entwickelter Chemotherapeutika überprüfen. Eine geringe ATP-Konzentration in den Zellen wiese darauf hin, dass das neue Medikament die Tumorzellen in ihrem Wachstum hemmt oder gar abtötet.

Die Nanopartikel der EMFT-Forscher genügen hohen Ansprüchen: Sie sind nicht giftig für Zellen, passieren problemlos die Zellmembran und lassen sich sogar gezielt dorthin transportieren, wo die Testsubstanz detektiert werden soll. Doch bevor das Verfahren angewendet werden kann, müssen die Zulassungsbehörden es anerkennen – ein langer Weg durch die Genehmigungsinstanzen steht den Forschern des EMFT bevor. Das hält sie nicht davon ab, die Technologie inzwischen weiterzuentwickeln und flexibel einzusetzen: beispielsweise, um die Qualität und Genießbarkeit von verpacktem Fleisch zu ermitteln. Hierfür haben sie Nanosensoren entwickelt, die die Konzentration von Sauerstoff und toxischen Aminen bestimmen können.

Fraunhofer EMFT / PH

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