Forschung, dem Bier sei Dank
Im neuen historischen Rätsel von Physik in unserer Zeit suchen wir einen Physiker mit berühmtem Namensvetter. Wir verlosen drei Buchpreise.
Bekannt ist er nicht gerade. Und wenn einmal sein Name fällt – was selten genug passiert –, dann denkt man eher an eine Vornamens-Verwechslung oder einen Tippfehler. Wahrscheinlicher ist: Man hat fälschlich einen holländischen Kollegen des Gesuchten im Kopf, der fast gleichzeitig auf demselben Gebiet geforscht hat und fast denselben Namen trägt.
Der Gesuchte wird im dänischen Elsinore geboren, 24 Jahre vor seinem holländischen Fast-Namensvetter. Dort verfällt er mit 13 Jahren – so erinnert er sich später – bei einer winterlichen Abendvorlesung der Faszination für Physik. Dennoch studiert er einige Jahre später Chemie. Das macht er gut, er erhält Stipendien und kommt so nach Paris, wo er sich wieder auf die Physik besinnt und auf Optik und elektromagnetische Wellen spezialisiert. Nach seiner Rückkehr in die Heimat wird er Dozent an einer Militärhochschule in Kopenhagen. 21 Jahre lang wird er dort lehren; sein Traum, eine Professur an der Universität Kopenhagen, erfüllt sich indes nie.
Das Glück ist ihm anders hold: Die Carlsberg-Stiftung, einige Jahre zuvor vom reichen Besitzer der gleichnamigen Brauerei ins Leben gerufen, finanziert ihm eine Art Leibrente, die ihm ein Leben als freier Forscher ermöglicht, ohne Studenten Physik vermitteln zu müssen. Von diesem Geld lebt er vier Jahre lang.
In seinen 62 Lebensjahren taucht der Gesuchte immer wieder wie ein wissenschaftliches Geisterteilchen in Randnotizen oder Fußnoten auf, meist im Schatten seines Fast-Namensvetters. Nur kurzzeitig scheint seine Theorie der Lichtwellen in Europa auf, dann verschwindet sie im Schatten von Maxwells Gleichungen – die Theorie des britischen Kollegen ist in mancher Hinsicht leistungsfähiger. Viele seiner Veröffentlichungen, oft auf Dänisch, werden von der Wissenschaftswelt erst Jahre später entdeckt. Das geschieht kurioser Weise oft deswegen, weil sein Fast-Namensvetter sich mit der Sache beschäftigt, und so passieren immer wieder Verwechslungen. Eine Eichrelation der Maxwell-Gleichungen trägt den Namen des Gesuchten – und mitunter fälschlich den seines Fast-Namensvetters. Um das Verwirrspiel auf die Spitze zu treiben: Die Eichrelation stellt eine relativistische Invariante dar, die wiederum (korrekt) nach dem Fast-Namensvetter benannt ist.
Verwechslungspotenzial um die Namen beider gibt es auch in Niels Bohrs Doktorarbeit, einer "Studie über die Elektronentheorie der Metalle“. Hier taucht der Name des Gesuchten auf, weil der experimentell bei Metallen einen Zusammenhang zwischen der elektrischen Leitfähigkeit und der für Temperaturen festgestellt hat – erklärt wird der Zusammenhang dann vom Fast-Namensvetter. Der Gesuchte entdeckt auch einen Zusammenhang zwischen dem Brechungsindex und der Dichte von transparenten Gasen oder Flüssigkeiten; neun Jahre nach der Publikation fällt dem Fast-Namensvetter unabhängig derselbe Zusammenhang auf.
Nur in einem unterscheidet sich der Gesuchte von seinem Fast-Namensvetter gründlich: Er hat auch ganz praktische Anwendungen im Blick. Ähnlich wie Oliver Heaviside beschäftigt er sich zum Beispiel mit den induktiven Leitungsverlusten in Telegraphenkabeln und entwickelt dazu wie der britische Kollege praktische Ideen. Die Umsetzung dieser Ideen erlebt er indes nicht mehr.
Andreas Loos, Berlin
Wer war der Forscher mit der Bierrente? Schreiben Sie die Lösung auf eine Postkarte an: Physik in unserer Zeit, Wiley-VCH, Boschstraße 12, 69469 Weinheim, oder per Email an: thomas@buehrke.com. Absender bitte nicht vergessen! Einsendeschluss ist der 15.2.2019. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Wir verlosen drei Exemplare des Buches Der Kuss des Schnabeltiers von Michael Gross.