Fortschrittliche Suche nach Gravitationswellen
Mit rundum erneuerten und präziseren Detektoren ist Advanced LIGO in Betrieb gegangen.
Gravitationswellen sind Schwingungen der Raumzeit, die bei extremen kosmischen Ereignissen wie Supernovae oder beim Verschmelzen von Schwarzen Löchern oder Neutronensternen entstehen. 99 Jahre nach ihrer Vorhersage durch Albert Einstein tritt die Suche nach Gravitationswellen in eine neue Phase: Am 19. Mai weihte die LIGO Scientific Collaboration (LSC) den Upgrade der beiden „Laser-Interferometer Gravitationswellen-Observatorien“ (LIGO) in Hanford im US-Bundesstaat Washington ein. Dort ist der Standort des einen Observatoriums, das zweite befindet sich in Livingston, Louisiana.
Der LIGO-Gravitationswellendetektor am Standort Hanford (Foto: LIGO)
Die beiden LIGO-Observatorien bestehen jeweils aus zwei rechtwinklig angeordneten Ultrahochvakuumsystemen von jeweils vier Kilometern Länge, die als Laser-Interferometer dienen. Die beiden Standorte sind rund 3000 Kilometer voneinander entfernt. Dadurch lassen sich Laufzeitunterschiede nutzen, um die Position der Quellen für Gravitationswellen bestimmen zu können.
Treffen Gravitationswellen auf das Interferometer, ändert sich die Länge seiner Arme, allerdings nur einen extrem winzigen Betrag. Die bisherige Konfiguration von LIGO war so empfindlich, dass es eine Längenänderung von einem Tausendstel der Größe eines Protons nachweisen kann. Trotzdem ist es seit Inbetriebnahme im Jahr 2002 noch nicht gelungen, Gravitationswellen nachzuweisen.
Nun setzen die Forscher ihre Hoffnung auf Advanced LIGO mit seiner um den Faktor zehn gesteigerten Messgenauigkeit. Dazu haben Physikerinnen und Physiker des Max-Planck-Instituts für Gravitationsphysik (Albert-Einstein-Institut, AEI) in Hannover und Potsdam entscheidende Beiträge geleistet, insbesondere die Entwicklung der maßgeschneiderten Hochleistungslaser. Sie wurden im deutsch-britischen GEO600-Detektor in der Nähe von Hannover getestet. „Viele der neuartigen Methoden werden nun in bei aLIGO eingesetzt, beispielsweise Signalüberhöhung und monolithische Spiegelaufhängungen“, sagt AEI-Direktor Karsten Danzmann, der auch Direktor des Instituts für Gravitationsphysik der Leibniz Universität Hannover ist. Ein besonderer Clou ist dabei, dass die Gravitationswellen-Detektoren, die Eigenschaften von nichtklassischem Licht ausnutzen. Erst durch den Einsatz von „gequetschtem Licht“ (squeezed light) und Quantenverschränkung ließ sich die Empfindlichkeit der Detektoren so entscheidend steigern.
Installation der Spiegel in LIGO, für die von Forschern des Albert-Einstein-Instituts spezielle monolithische Aufhängungen entwickelt worden sind. (Foto: LIGO Laboratory)
Genaue Modelle für die spezifischen Wellenformen der verschiedenen Beobachtungsobjekte tragen dazu bei, die extrem winzigen Signale der Gravitationswellen aus dem Rauschen zu fischen. So haben Wissenschaftler des AEI mit aufwändigen analytischen Näherungen der Allgemeinen Relativitätstheorie Wellenform-Modelle für die besonders vielversprechende Quellen von Gravitationswellen entwickelt: verschmelzende Schwarze Löcher. Welche enormen Fortschritte die numerische Relativitätstheorie dabei gemacht hat, beschreibt der theoretische Physiker Thomas Baumgarte von der University of Illinois in Urbana-Champaign ausführlich in seinem Artikel „Simuliertes Verschmelzen“ im Schwerpunktheft des Physik Journal zur Allgemeinen Relativitätstheorie.
Kürzlich gelang Nachwuchswissenschaftlern aus der Arbeitsgruppe von Bernd Brügmann von der Universität Jena die bislang genaueste Modellierung des Gravitationswellensignals von zwei verschmelzenden Neutronensternen. Die Arbeit von Sebastiano Bernuzzi und Tim Dietrich (siehe unten) entstand im Rahmen des Sonderforschungsbereichs/Transregio 7 „Gravitationswellenastronomie“, an dem unter anderem auch das AEI beteiligt ist.
aLIGO wird die erste wissenschaftliche Messkampagne „O1“ (Observation Run 1) im Herbst 2015 beginnen. Damit rückt das Zeitalter der Gravitationswellen-Astronomie einen großen Schritt näher, die ein völlig neues Fenster der Beobachtung unseres Universums darstellen wird.
Alexander Pawlak / AEI