Fotosensoren aus Smartphones helfen bei der Untersuchung von Antiwasserstoff
Genauigkeit eines Detektors für Annihilationen 35-fach verbessert.
Mit Hilfe von Smartphone-Fotosensoren untersuchen Forscher am CERN die Zerstrahlung von Antiwasserstoff in Echtzeit und mit bisher unerreichter Ortsauflösung. Entwickelt wurde das Gerät für die internationale AEgIS-Kooperation von Wissenschaftlern der TU München an der Forschungs-Neutronenquelle FRM II in Garching. Der Detektor kann Antiprotonen-Annihilationen mit einer Genauigkeit von nahezu 0,6 Mikrometern erfassen, was eine 35-fache Verbesserung gegenüber früheren Verfahren darstellt.

Abb.: Fotosensoren aus Smartphones helfen bei der Erforschung von Antiwasserstoff am CERN.
Die AEgIS-Kooperation am CERN hat das primäre Ziel, den freien Fall von Antiwasserstoff im Schwerefeld der Erde mit hoher Präzision zu messen. Dafür wird ein horizontaler Antiwasserstoffstrahl erzeugt und seine vertikale Fallstrecke mit einem Moiré-Deflektometer gemessen – ein Gerät das winzigste Positionsverschiebungen der Antiwasserstoff-Annihilationspunkte detektiert.
„Damit AEgIS funktioniert, brauchen wir einen Detektor mit einer unglaublich hohen räumlichen Auflösung, und die Sensoren mobiler Kameras haben Pixel, die kleiner als ein Mikrometer sind“, sagt der Leiter der Studie, Francesco Guatieri. „Wir haben sechzig Smartphone-Chips in einen einzigen fotografischen Detektor, den Optical Photon and Antimatter Imager OPHANIM, integriert. Dieser hat damit weltweit die höchste Anzahl von Pixeln, die in einem technischen Gerät verwendet wird: 3840 Megapixel.“
Zuvor waren fotografische Platten die einzige Option, um die gewünschte Präzision zu erreichen. Diese ließen jedoch keine Echtzeitmessungen zu. „Unsere Lösung wurde bereits an Antiprotonen erfolgreich getestet und wird nun direkt auf Antiwasserstoff angewendet: Wir kombinieren eine hohe Auflösung auf Fotoplattenniveau, Echtzeitdiagnose, Selbstkalibrierung und ein guter Raumwinkel für die Teilchenerfassung in einem Gerät“, erläutert Guatieri.
Konkret verwendeten die Forscher optische Bildsensoren aus handelsüblichen Mobiltelefonen. „Wir mussten die ersten Schichten der Sensoren entfernen, die für die hochentwickelte integrierte Elektronik von Mobiltelefonen ausgelegt sind“, sagt Guatieri. „Das erforderte ein hochentwickeltes elektronisches Design und Mikrotechnik.“
„Das ist eine bahnbrechende Technologie für die Beobachtung der winzigen, durch die Schwerkraft bedingten Verschiebungen in einem sich horizontal bewegenden Anti-Wasserstoff-Strahl“, betont AEgIS-Sprecher Ruggero Caravita. „Sie kann aber auch breitere Anwendung in Experimenten finden, bei denen eine hohe Positionsauflösung von entscheidender Bedeutung ist, oder zum Beispiel um hochauflösende Tracker zu entwickeln. Diese außergewöhnliche Auflösung ermöglicht es uns zudem, verschiedene Annihilationsfragmente zu unterscheiden. Damit eröffnet sie neue Forschungswege zur Annihilation von niederenergetischen Antiteilchen in Materialien.“
TUM / RK