28.11.2023

Fundamentale Grenze für Quantencomputer

Ohne perfekte Uhren lassen sich Quantenzustände nicht mehr exakt bestimmen.

Es gibt unterschiedliche Ideen, wie man Quantencomputer bauen könnte. Aber sie alle haben eines gemeinsam: Man verwendet ein quantenphysikalisches System – zum Beispiel einzelne Atome – und verändert ihren Zustand, indem man sie für ganz bestimmte Zeit ganz bestimmten Kräften aussetzt. Das bedeutet allerdings: Um sich darauf verlassen zu können, dass die Quanten-Rechenoperation das richtige Ergebnis liefert, braucht man eine möglichst präzise Uhr. Doch hier stößt man auf Probleme: Perfekte Zeitmessung ist nämlich unmöglich. 

Abb.: Eine ungenaue Zeitmessung (l.) führt dazu, dass die Quantenzustände...
Abb.: Eine ungenaue Zeitmessung (l.) führt dazu, dass die Quantenzustände (r.) nicht mehr exakt bekannt sind.
Quelle: TU Wien

Jede Uhr hat zwei fundamentale Eigen­schaften: eine bestimmte Präzision und eine bestimmte Zeitauflösung. Die Zeitauflösung gibt an, wie klein die Zeit­intervalle sind, die sich messen lassen. Die Präzision sagt, mit welcher Ungenauigkeit man bei jedem einzelnen Ticken rechnen muss. Das Forschungsteam konnte zeigen: Nachdem keine Uhr unendlich viel Energie zur Verfügung hat – beziehungs­weise unendlich viel Entropie erzeugt, kann sie niemals gleichzeitig perfekte Auflösung und perfekte Präzision haben. Das setzt den Möglichkeiten von Quanten­computer grundlegende Grenzen. 

„Einen Quantenzustand im Quanten­computer zu verändern, entspricht mathematisch gesehen einer Drehung in höheren Dimensionen“, sagt Jake Xuereb vom Atominstitut der TU Wien im Team von Marcus Huber. „Damit man am Ende den gewünschten Zustand erreicht, muss die Drehung für einen ganz bestimmte Zeitraum angewendet werden. Sonst dreht man den Zustand entweder zu kurz oder zu weit.“ Mit seinem Team untersuchte Marcus Huber ganz allgemein, welche Gesetze für jede nur denkbare Uhr immer gelten müssen.

„Zeitmessung hat immer mit Entropie zu tun“, erklärt Marcus Huber. In jedem abgeschlossenen physika­lischen System nimmt die Entropie zu, es wird immer ungeordneter. Genau diese Entwicklung legt die Richtung der Zeit erst fest: Zukunft ist dort, wo die Entropie höher ist, Vergangenheit ist dort, wo die Entropie noch niedriger war. Wie man zeigen kann, ist auch jede Zeitmessung zwangsläufig mit einer Entropie­erhöhung verbunden: Eine Uhr braucht zum Beispiel eine Batterie, deren Energie am Ende über die Mechanik der Uhr in Reibungswärme und hörbares Ticken umgewandelt wird – ein Prozess, bei dem ein ziemlich geordneter Zustand in der Batterie zu einem ziemlich ungeordneten Zustand von Wärme­strahlung und Schall umgewandelt wird.

Auf dieser Basis konnte das Forschungsteam ein mathe­matisches Modell erstellen, dem grundsätzlich jede denkbare Uhr gehorchen muss. „Bei gegebener Entropie­zunahme gibt es einen Tradeoff zwischen Zeitauflösung und Präzision“, sagt Florian Meier. „Das heißt: Entweder die Uhr arbeitet schnell oder sie arbeitet exakt – beides gleichzeitig ist nicht möglich.“ Diese Erkenntnis bringt nun eine natürliche Grenze für Quanten­computer mit sich: Die Auflösung und Präzision, die man mit Uhren erreichen kann, limitiert die Geschwindigkeit und die Zuverlässigkeit, die mit Quantencomputern erreichbar sind.

„Derzeit ist das noch kein Problem“, sagt Marcus Huber. „Momentan ist die Genauigkeit von Quantencomputern noch durch andere Größen limitiert, zum Beispiel durch die Präzision der verwendeten Bauteile oder elektro­magnetischen Felder. Aber unsere Rechnungen zeigen auch: Man ist heute nicht mehr weit von dem Bereich entfernt, in dem die fundamentalen Grenzen der Zeitmessung die entscheidende Rolle spielen.“ Wenn also die Technik der Quanten-Informations­verarbeitung weiter verbessert wird, dann wird man unweigerlich mit dem Problem nicht-optimaler Zeitmessung kämpfen müssen.

TU Wien / JOL

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