18.12.2017

Gedrückte Graphenschichten sind hart wie Diamant

Hauchdünner Kohlenstofffilm wechselt seine Struktur unter dem Druck einer Mikro­skop­spitze.

Dünne Kohlenstoffschichten aus Graphen beeindrucken wegen ihrer hohen elek­tri­schen Leit­fähig­keit und Stabi­lität. Unter Druck einer Mikro­skop­spitze zeigen sie sogar einen ver­blüf­fenden Phasen­wechsel und werden dabei hart wie Diamant. Diese Ent­deckung einer inter­natio­nalen Forscher­gruppe könnte zu extrem leichten, durch­sich­tigen aber dennoch hoch wider­stands­fähigen Beschich­tungen oder neuen Bau­teilen in der Nano­elek­tronik führen.

Abb.: Unter Druck einer Mikroskopspitze vollziehen Doppel­schichten aus Graphen einen Phasen­wechsel zur Diamant­struktur. (Bild: E. Riedo et al., CUNY)

Üblicherweise ordnen sich die Kohlenstoffatome in Graphen­schichten in einer symme­trischen Waben­struktur an. Jedes Atom ver­knüpft sich dabei mit drei benach­barten Atomen. Doch Elisa Riedo von der City Univer­sity of New York und ihre Kollegen ent­deckten nun, dass zwei Graphen­lagen unter Druck einen erstaun­lichen Phasen­wechsel zu einer diamant­artigen Struktur voll­ziehen können. Danach ver­binden sich die Kohlen­stoff­atome im Zuge einer sp3-Hybri­die­rung mit jeweils vier weiteren Atomen. Die jetzt durch­ge­führten Experi­mente zeigen, dass die dabei ent­stehende Schicht – Diamen genannt – sogar der Ver­formung mit einer Diamant­spitze stand­hielt.

Für diese Entdeckung deponierten Riedo und Kollegen mehrere Graphen­lagen in einem epi­tak­tischen Ver­fahren auf einer glatten Silizium­karbid-Unter­lage. Auf diese Schicht­struktur drückten sie die Spitze eines Atom­kraft­mikro­skops. Ab einer lokal kon­zen­trierten Belas­tung von 260 Nano­newton wurde eine zwei­lagige Graphen­schicht plötz­lich extrem hart und konnte nicht mal mit einer Diamant­spitze wesent­lich ein­ge­drückt werden. Dichte­funktional­theorie-Berech­nungen ergaben eine immense Festig­keit mit einem Elasti­zitäts­modul von mehr als tausend Giga­pascal. „Es war ver­blüffend zu sehen, dass ein nur zwei Atome dünner Film härter sein konnte als ein Diamant­kristall“, sagt Riedo.

Bei weiteren Versuchen mit einer oder drei bis zehn Graphen­schichten konnte diese Härtung unter Druck aller­dings nicht beob­achtet werden. Das jewei­lige Elasti­zitäts­modul bestimmten die Forscher auf weit gerin­gere Werte von einigen Dutzend Giga­pascal. Weitere Analysen unter anderem mit einem Raster­elek­tronen­mikro­skop offen­barten den Grund für die ver­blüf­fende Stabi­lität der zwei­lagigen Graphen­schicht: Unter dem Druck der Mikro­skop­spitze voll­zog sich ein Phasen­wechsel von einer Graphit- in eine Diamant­struktur. Dabei bildete sich eine nur zwei Atome dicke Schicht aus, in denen sich die Kohlen­stoff­atome in Tetra­edern wie in einem Diamanten anord­neten. Diese Neu­anord­nung der Kohlen­stoff­atome blieb bei drei oder mehr Graphen­schichten jedoch aus. Die Berech­nungen zeigten, dass dabei der Über­gang von einer sp2- in eine sp3-Hybridie­rung nur partiell auf­treten konnte.

Um diesen Phasenwechsel näher zu untersuchen, bestimmten Riedo und Kollegen auch die elek­trische Leit­fähig­keit ihrer Graphen- und Diamin-Schichten. Anfangs wie erwartet hoch, nahm sie unter Druck wegen des Phasen­wechsels in die Diamant­struktur deut­lich ab. Ohne drückende Mikro­skop­spitze stieg sie jedoch prompt wieder an. Dieses Ver­halten legt nahe, dass der Phasen­wechsel völlig rever­sibel ist und wahr­schein­lich auch die Festig­keit der Diamin-Schicht ohne Druck wieder nach­lässt.

Auf dieser Grundlage könnten extrem leichte, dünne und sogar durch­sichtige Schutz­schichten ent­stehen, die erst bei einer Druck­belas­tung hart wie Diamant werden. Riedo und Kollegen halten es aber auch für mög­lich, die diamant­artige Phase über Hitze­behand­lungen oder mit passi­vie­renden Gasen dauer­haft stabi­li­sieren zu können. Weitere Anwen­dungen dieses zwei­dimen­sio­nalen Graphen-Materials in der Nano­elek­tronik oder Spin­tronik können sich die Forscher wegen des rever­siblen Ver­haltens eben­falls gut vor­stellen.

Jan Oliver Löfken

RK

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